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Том 2. «Проблемы творчества Достоевского», 1929. Статьи о Л.Толстом, 1929. Записи курса лекций по истории русской литературы, 1922-1927

Бахтин Михаил Михайлович

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«In allem Wesentlichen angeschlossen hat sich den in diesem Kapitel Analysen Karl Jaspers in seiner 'Psychologie der Weltanschauungen' (Berlin 1919) in dem Kapitel 'Die enthusiastische Einstellung ist Liebe', S. 107 bis 119. Zum Problem selbst vgl. auch A. Pfänder: 'über Gesinnungen' (Niemeyer, Halle)»] (Seite 176).

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«Doch warum dies? Aus dem einfachen Grunde, weil das sittliche 'Gutsein' einer Person (in seinem ursprünglichen Sinne) — und für die absolute Sphäre sogar allein — sich nach dem Maße der Liebe bestimmt, die sie hat; auch der sittliche Wert einer 'Gemeinschaft' z.B. nach dem Maße der in ihr überhaupt investierten Liebe. Eis darf also gar keine Liebe 'zu' einem 'Guten' geben, das ihr gegenständlich werden könnte — eben da die Liebe — unter den Akten — Träger des Wertes 'sittlich gut' im ausgezeichneten und ursprünglichsten Sinne ist. Wäre so etwas möglich wie eine echte Liebe zum Guten, so könnte ja die Liebe selbst nie Träger des Wertes sittlich gut im ursprünglichsten Sinne sein; sie ist aber der ursprünglichste Träger (unter den Akten) des 'Guten'. Eben an jener Bewegung vom niedrigen zum höheren Wert kommt der Wert 'gut' zur ursprünglichsten Erscheinung. Es ist daher auch ausgeschlossen, sein eigenes Gutsein zu lieben. Denn man kann nicht das eigene Lieben einer anderen Person lieben»] (Seite 188).

[24]

«Dies gilt auch Gott gegenüber. Die höchste Form der Gottesliebe ist nicht die Liebe 'zu Gott' als dem Allgütigen, d.h. einer Sache, sondern der Mitvollzug seiner Liebe zur Welt (amare mundum in Deo) und zu Sich selbst (amare Deum in Deo), d.h. das, was die Scholastiker, die Mystiker und vorher schon Augustin 'amare in deo' nannten. Wollen wir Gott die höchste sittliche Qualität in unendlicher Seinsweise zubilligen, so können wir dies nur, indem wir das Lieben (mit Johannes und Augustin) zu seinem innersten Wesen selber machen und sagen: Er sei 'unendliches Lieben'. An diesem Kern des göttlichen Aktzentrums haften erst seine 'Allgüte' und seine absolute sittliche Grundverhältnis zwischen 'Guten': die Gefolgschaft durch Nachfolge und durch Mitlieben» (Seite 189).

[25]

«Wie ist uns weiter die Person in der Liebe gegeben? Machen wir uns zunächst das klar: Obgleich als persönlichstes Verhalten dennoch ein durchaus objektives Verhalten ist, insofern und in dem Sinne 'objektiv', als wir in ihr aus aller Befangenheit in unsere eigenen 'Interessen', 'Wünsche', 'Ideen' heraustreten (in übernormaler Weise), so kann uns das, was an einem Menschen Person ist, doch niemals als 'Gegenstand' gegeben sein. Weder in der Liebe noch in anderen echten 'Akten', und seien es auch 'Erkenntnisakte', ist es möglich, Personen zu vergegenständlichen. Person ist die unerkannte und im 'Wissen' nie gebbare individuelle erlebte Einheitssubstanz aller Akte, die ein Wesen vollzieht; also kein 'Gegenstand' geschweige gar ein 'Ding'. Was mir also noch gegenständlich gegeben sein kann, das ist immer nur 1. der fremde Körper, 2. die Leibeinheit, 3. das Ich und die zugehörige (vitale) 'Seele'. Das gilt auch für Jeden sich selbst gegenüber. Die Person kann mir nur gegebensein, indem ich ihre Akte 'mitvollziehe' — erkenntnismäßig im 'Verstehen' und 'Nacherleben' — sittlich aber in der 'Gefolgschaft'. Der sittliche Kern der Person Jesu z.B. ist nur Einem gegeben: Seinem Jünger. Erst die Jüngerschaft öffnet die Pforte für diese Gegebenheit. Sie kann einem Jünger gegeben sein, der Nichts irgendwie 'Historisches' von ihm weiß, Nichts von seinem äußeren Leben, ja nicht einmal von seiner historischen Existenz; denn schon sich als Jünger wissen — was natürlich das Wissen um historische Existenz des Meisters voraussetzt — ist ein Anderes als Jüngersein. Dagegen kann sie dem Theologen als Theologen, was immer er von seinem Lebensgange wisse (auch seine seelichen Erlebnisse eingeschlossen), nie und nimmer gegeben sein: Sie ist seinen Blicken notwendig 'transzendent'. Das vergißt unser gelehrter theologischer Intellektualismus jeden Tag!» (S. 192–193).

[26]

«Niemals aber können wir so ihren rein sittlichen Wert erfassen, da dieser ja selbst ursprünglich nur getragen ist vom Akte ihrer Liebe: dieser allerletzte sittliche Personwert ist uns daher nur im Mittvollzug ihres eigenen Liebesaktes gegeben. Wir müssen lieben, was das Vorbild liebt im ' Mitlieben\ um diesen sittlichen Wert zur Gegebenheit zu bekommen. Nur eines gibt es noch, wodurch uns — zwar nicht die Person selbst — aber doch ihr Selbst gegenständlich werden kann — und zwar in anderer Weise als dies unmittelbar durch die Ausdrucksphänomene hindurch der Fall sein kann. — überall da, wo die geliebte Person von uns als weit überlegen empfunden wird, da tritt das Phänomen auf, daß wir uns dadurch ihres Personseins bemächtigen, daß wir die Akte ihrer eigenen Selbstliebe 'mitvollziehen' und hinsehen, was uns in diesen mitvollzogenen Akten gegeben wird. Diese liebende Teilnahme z.B. an der Liebe, mit der Gott sich selbst liebt, ist es, die neuerdings Franz Brentano in seinem Aristotelesbuche schon in der Metaphysik des Aristoteles finden will (?) und welche einige Mystiker und Scholastiker das 'Amare Deum in Deo' genannt haben. Der analoge Tatbestand ist uns aber auch zwischen Menschen wohl bekannt. Wir können einen Menschen unter Umständen mehr lieben als er sich selber liebt. Viele z.B., die sich selbst hassen, werden ja geliebt, und jede mitvollziehende Teilnahme an ihren Akten des Selbsthasses wäre ein 'Sie-hassen'. Aber es gibt Fälle, wo der Selbsthaß eines Menschen durch die Rede eines ihn Liebenden und von ihm in Gegenliebe zugleich Geliebten zerschmilzt: 'Er dürfe den nicht so hassen, den dieser — der Liebende — so sehr liebe.' Wo immer ein Mensch sich nicht selbst haßt, sondern sich selbst liebt, da ist seine Selbstliebe 'mitzuvollziehen' wohl eine der Formen, welche die Fremdliebe annehmen kann» (S. 193–194).

[27]

«Und noch Eins: Da die Liebe zur Menschheit als Individuum^ Liebe zu einem Gegenstand ist, der Gott und nur Gott — allein — in seiner Werttotalität gegeben ist, so gibt es nur eine Liebesintention zur Menschheit als Individuum; das ist jene, die durch Gott hindurch führt, die Gottes auf die Menschheit gehenden Liebesakt 'mit'vollzieht, ohne daß dem Träger dieses mitvollziehenden Aktes je auch gegeben wäre, was Gott in seiner Liebe und nur Ihm gegeben ist; d.h. die wahre Liebe zur Menschheit ist fundiert im 'amare in Deo'» (S. 220).

[28]

«Und was nun so im kleinen gilt, gilt noch im großen. Auch die Familie ist geliebt auf irgendeinem immer mitintendierten Werthinter grund der Gens und des Stammes, der Stamm des Volkes, des Volkes der Nation, der Nation der Menschheit. Nie hat es ein Volk gegeben, das sich 'ganz allein' auf der Erde selbst erlebt hätte — ganz allein in Zeit und Raum und vor den Sternen; auch wenn es kein anderes Volk empirisch kannte, wenn es sich nie die Frage vorgelegt hätte, ob es allein sei — es hätte aber ein Mitglied ihm gesagt: 'Wir sind ganz allein in dieser Welt', so wäre jeder erschauert. Und eben in diesem 'Erschauern' wäre hervorgetreten, daß der ursprüngliche intendierte Gegenstand der Liebe größer und weiter war als dies Volk. Aber auch die Mensсhheit war nie und nirgends für den Menschen als isolierter Wertgegenstand seiner Liebe gegeben. Auch für sie bestand immer der 'Werthintergrund' irgendeiner Form des 'Göttlichen'. Diese Richtung seiner Liebe auf die Wertqualität des Göttlichen ist von den positiven Vorstellungen über die 'Götter' ganz unabhängig und geht der Bildung dieser Ideen voran. (Vgl. mein Buch: Vom Ewigen im Menschen, Bd. I)» (S. 224).

[29]

«Die Grenze aller vergegenständlichenden Psychologie überhaupt (und der Experimentalspychologie im besonderen) kann ja erst deutlich und falsche Ansprüche dieser Wissenschaften können erst sinnvoll abgewehrt werden, wenn Natur und Schichtung seelisch-geistigen Seins genau festgestellt ist, bis zu der 'Beobachtung' überhaupt, ferner die Grenze bis zu der das pure Reaktionsexperiment (bei dem 'Beobachter der Versuchs leiter ist) und das durch 'systematische Selbstbeobachtung' unterstützte Experiment (bei dem Beobachter die Versuchspersоn ist) schließlich aber das nur der Veranschaulichung eines 'Gemeinten' dienende (nichtinduktive) phänomenologische Experiment vorzudringen vermögen» (S. 245–246).

[30]

«1. Welches Wesensverhältnis besteht zwischen Ich und Gemeinschaft überhaupt — sowohl im ontischen Sinne als im Sinne des Wesenswissens? Oder besser: Besteht hier ein Wesensverhältnis evidenter Zusammengehörigkeit (mit strenger Absehung vom Dasein irgendeines bestimmten zufälligen Ichs und einer zufälligen Gemeinschaft)? Oder besteht überall nur faktische Verbindung? Bestehen ferner verschiedenartige echte Wesensverknüpfungen zwischen den Vitalwesen 'Menschen' und den Geistoder Vernunftwesen 'Menschen' oder ist eine dieser zwei Relationen nur eine 'zufällige' usw.?» (S. 248).

[31]

«3. Das Problem des U rsprungs von Gemeinschaftsund Fremdbewußtsein überhaupt, d i. das transzendentalpsychologische Problem des Wissens von fremden Ichen, das mit der Rechtsfrage der Urteilssetzung so wenig zu tun hat wie mit dem Problem der empirischen sog. Entstehung und Entwicklung des Fremdbewußtseins im Ablauf eines Lebens vom Kind zum Erwachsenen. Hier handelt es sich vielmehr — wie bei allen echten 'Ursprungs'fragen — um die Frage, an welcher Stelle in der Ordnung der 'Fundierung' der Wis-sensintennionen (resp. der ihnen zuzuordnenden realgeistigen Akte der Person) das Bewußtsein von Gemeinschaft und anderen Ichen einsetzt, resp. welche Wissensakte je schon vollzogen sehr müssen, wenn Fremdwissen einsetzt: Also z. B. darum, ob Fremdichwissen am eigenen Ich gewannenes Ichbewußtsein überhaupt voraussetzt (wir werden Ja! zu antworten haben); ob es auch Selbstbewußtsein im Ursprung voraussetze (wir werden Nein! zu antworten haben); ob es ferner Gottesbewußtsein (im formalsten Sinne) entweder voraussetze, gleich ursprünglich mit ihm sei oder ihm in der Ordnung des Ursprungs folge (wir glauben, zeigen zu können — im Gegensatz zu Descartes —, daß es dem Gottesbewußtsein folge), ob Fremdichbewußtsein (im Sinne fremdgeistigen Ichs) ein Wissen um die Sphäre von Natura und ob ein Wissen um 'Realitas' in dieser 'Sphäre' (also 'reale Außenwelt') schon voraussetze, gleichursprünglich mit diesem Wissen sei oder dieses Wissen dem Fremdichwissen folge (wir glauben uns für 'geistiges Ich', für das dritte Glied der Disjunktion entscheiden zu müssen). Nur das, was wir Bestand von 'idealem Zeichensinn' — > überhaupt — > nennen — > können, — > werden — > wir — > als Voraussetzungsgegebenheit für die Aktualisierung des Aktes von Fremdwissen geistiger Subjekte zulassen. Dagegen wird es anders stehen mit der Frage nach dem Ursprung des Wissens um fremde vitalpsychische menschliche (resp. untermenschliche) Subjekte. Auch hier ist zu fragen: Ist dieses Wissen vorhergehend, gleichursprünglich oder folgend dem Wissen um Natur (der Sphäre und der Realität nach)? Wir werden zu antworten haben, daßv unser erstes Wissen um Natur selbst Wissen um Ausdruck von Lebewesen ist, also seelische Erscheinungen (die immer nur in Strukturzusammenhängen überhaupt gegeben sind) primär stets in Aus-druckseinheiten gegeben sind. Ist es ferner vorhergehend, gleichursprünglich oder folgend dem Wissen von (toter) Körperwelt? Wir werden 'vorhergehendv zu antworten haben. So ist dem Primitiven ähnlich wie dem Kinde das Phänomen des 'Toten' überhaupt noch nicht gegeben; alles Gegebene ist ihm ein großes Ausdrucksfeld, auf dessen Hintergrund sich je gesonderte Ausdruckseinheiten abheben. Ist es ferner vorhergehend, gleichursprünglich oder folgend dem Wissen um organische Form (beim Menschen 'Leib') und allem, was mit ihr wesensmäßig mitgegeben ist (Umwelt, spontane Bewegung usw.)? Wir werden antworten: gleichursprünglich. Erst von der Ganzheit des 'beseelten Leibes' geht die Differenzierung des Wissens in einer Richtung zum Leib-körper — in der andern zu einer 'Innenwelt' des Mitmenschen.

Es wird damit klar sein, was wir mit 'Ursprungsfrage' meinen. Alle so wichtigen Ursprungsfragen in der Erkenntnistheorie (im Unterschied von Erkenntniskritik, die es mit Rechtsund Kriteriumsfragen zu tun hat) haben das eigene, daß sie zu stellen sind ganz unabhängig von bestimmten zufälligen Gegenständen des Wissens und nicht minder unabhängig von jeder bestimmten Phase der empirischen Entwicklung eines bestimmten konkreten Menschen in seinem Wissen um diese zufälligen realen Gegenstände (etwa der Genesis und Entwicklung des Wissens eines bestimmten Kindes um seiner Mutter seelischen Existenz und ihr psychisches Leben dem Gehalt nach)» (S. 249–251).

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