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Als aber die Stewardess sie nach ihrem Getr"ankewunsch fragte, konnte sie l"acheln, und ihre Stimme war klar und ohne Schwankungen. In den letzten Wochen musste sie das lernen. Zu l"acheln, obwohl ihr das Herz brach. Sie hatte Dinge gelernt und Dinge getan, von denen sie nie ahnte, dass sie dazu f"ahig sei. Sie hatte gelogen, get"auscht und jede Menge Gesetze gebrochen, mit lachendem Gesicht und einem stummen Schrei in der Kehle, der sie fast erstickte.

Der weisse Jet flog hinaus "uber die blaue Unendlichkeit des Indischen Ozeans. Der wie helles Gold schimmernde Strand, der um Natal liegt wie ein breites Halsband, wurde zu einem feinen, leuchtenden Reif, die K"uste versank im Dunst der Ferne.

Kurz darauf legte sich das Flugzeug in eine scharfe Kurve landeinw"arts, und sie erkannte Umhlanga Rocks an der aus dem d"unnen Salzschleier steigenden H"ugellandschaft und dem rot-weissen Leuchtturm, der vor dem traditionsreichen Oyster Box Hotel die Seefahrer vor den t"uckischen, felsbewehrten K"ustengew"assern warnte. Und weil sie wusste, wo sie suchen musste, entdeckte sie das silbergraue Schieferdach ihres Hauses, oben am Hang, unter den Flamboyants. Sie sah es nur f"ur den winzigen Bruchteil eines Augenblicks zwischen dem flirrenden Gr"un, dann versank es in dem Meer von B"aumen.

Vor etwas mehr als acht Jahren war sie hier gelandet, hungrig nach Leben nach den Einschr"ankungen der Nachkriegsjahre in Deutschland, gierig nach Freiheit, froh, endlich den erstickenden Vorschriften und Traditionen einer seelisch verkr"uppelten Gesellschaft entronnen zu sein. So kam sie im Dezember 1959 nach S"udafrika, noch nicht zwanzig Jahre alt, spr"uhend von Lebensenergie, erf"ul t von unb"andiger Willenskraft, hier ihr Leben aufzubauen.

Sarahs dunkles Gesicht tauchte vor ihr auf, daneben das von Tita, gerahmt von ihren flammenden Locken, und hinter ihnen gruppierten sich die Menschen, die sie liebte und die sie jetzt verlassen musste. „Ich kehre zur"uck, Afrika“, schwor sie und dachte dabei an Papa. „Einmal noch nach Afrika — ich werde nicht nur davon tr"aumen.“ Eine "uberm"achtige Wut packte sie auf al e, die ihr und ihrer Familie das antaten, Kampfgeist brach durch ihren Schmerz, doch sie grub ihre Fingern"agel tief in die Handfl"achen. Noch musste sie durchhalten, noch wenige Stunden. In knapp f"unfundvierzig Minuten war die Landung auf dem Jan-Smuts-Airport in Johannesburg vorgesehen. Zwei Stunden sp"ater w"urde sie dann an Bord der British-Airways-Maschine dieses Land verlassen. Wenn sie mich nicht erwischen! Bis dahin muss ich weiter l"acheln und l"ugen und mich verstellen.

Sie sah hinunter auf ihr Paradies, um sich jede Einzelheit einzupr"agen. Das Flugzeug stieg steil und schnell, und Umhlanga verschwand hinter den fruchtbaren, gr"unen H"ugeln von Natal. Zur"uck blieb der Abdruck dieses Bildes, das sich tief und unausl"oschlich in ihr Ged"achtnis grub.

Es begann vor langer Zeit, als Henrietta noch sehr klein war, als Entfernungen noch in Tagen und Wochen gemessen wurden, zu der Zeit, als sie die Welt bewusst wahrzunehmen begann.

Im sterbenden Licht eines dunklen, st"urmischen Novembertages, auf dem d"unnen Teppich "uber dem harten Parkettboden im Wohnzimmer ihrer Grossmutter in L"ubeck sitzend, wendete sie die steifen Seiten ihres Lieblingsbilderbuches "uber wilde Tiere in einem fremdartigen, gr"unen Bl"atterwald und badete ihre ungest"ume Kinderseele in den leuchtenden, bunten Farben. Regen explodierte gegen die Fensterscheiben, und Wind heulte durch die kahlen B"aume, fegte fauchend um die H"auserecken. Ihr Vater lehnte seinen Kopf in den blauen Ohrensessel zur"uck. Seine H"ande, die ein Buch hielten, sanken auf die Knie. „Afrika“, sagte er nach einer Weile leise, und nach einer langen, stil en Pause, „nur noch einmal Afrika.“ Seine hellen, blauen Augen blickten durch den grauen Regenvorhang, als s"ahe er ein Land und eine Zeit jenseits der kalten, unwirtlichen Novemberwelt.

Das kleine M"adchen auf dem Boden hob den Kopf, Lampenlicht vergoldete ihre Locken, und lauschte dem Nachhal der Worte. „Afrika?“ wiederholte sie fragend.

Ihr Vater sah hinunter auf seine Tochter und nickte. „Es ist nicht zu fr"uh, du wirst es verstehen“, murmelte er und dr"uckte sich mit seinen kr"aftigen Armen aus dem Sessel auf die F"usse. Sein rechtes Bein war schwach und d"unn wie das eines Kindes und musste durch eine Metallschiene gest"utzt werden. Die Folgen eines Unfalls und einer verpatzten Operation, die ihn zum Kr"uppel gemacht hatten. Er st"utzte sich schwer auf seinen Stock und hinkte zum Glasschrank, der stets verschlossen war und Dinge von seltsamen, fremden Formen hinter den Spitzengardinen verbarg. Er holte einen fleckigen, vergilbten Leinensack heraus und legte ihn ge"offnet in ihren Schoss. „Nimm es heraus.“

Ein schwacher, staubiger Geruch von getrocknetem Gras stieg ihr in die Nase, s"usslich und kaum wahrnehmbar. Vorsichtig griff sie hinein. An einer festen, geflochtenen Kante aus Bast, die mit schmalen, gez"ahnten Muscheln besetzt war, hing ein dickes, puscheliges R"ockchen aus dunkelbraunem, vom Alter br"uchigen Gras. Es war l"anger als ihr ausgestrecktes Kinder"armchen und reichte bis auf den Teppich.

„Es war dein erstes Kleidungsst"uck“, l"achelte ihr Vater, „ein Bastr"ockchen, wie es die Eingeborenen, die es dir schenkten, auch trugen. Denn du bist in Afrika geboren, auf einer kleinen Insel, unter hohen, fl"usternden Palmen, genau in dem Moment, als der grosse Regen begann. Vor dir war noch nie ein weisses Kind auf dieser Insel geboren worden, und f"ur sie, die sie eine schwarze Haut hatten, warst du ein kleines Wunder mit deinen blonden Haaren und blauen Augen. So nahmen sie dich in ihren Stamm auf.“ Er trat ans Fenster, das jetzt dunkel und undurchsichtig war und an dem der Regen wie ein Sturzbach herunterfloss. „Es ist eine sehr kleine Insel. Sie liegt "uber dem "Aquator zwischen anderen Inseln in einem weiten, blauen Meer.“ Seine Stimme wurde leiser, und sie hatte M"uhe, seine Worte zu verstehen. „Es ist immer warm dort und hell, und Blumen bl"uhen das ganze Jahr.“

Er schwieg und wendete sein Gesicht ab. Seine Schultern bewegten sich.

Henrietta vergrub ihre Nase in dem Bastr"ockchen und sog den Duft ein. Etwas r"uhrte sich in ihr. Sie f"uhlte eine W"arme auf ihrer Haut, unvergleichlich heisser und lebendiger als die n"ordliche, blasse Sonnenw"arme, und sie h"orte eine windverwehte, weit entfernte Melodie von sanften, kehligen Stimmen. Ein anderer Geruch ber"uhrte ihr Gesicht, rauchig und vertraut. Schmetterlingszart stieg er auf und streichelte sie.

Ein berauschendes Gef"uhl von Dazugeh"oren und Frieden umschloss sie, h"ullte sie ein. Sie hob ihre Augen zu ihrem Vater. „Afrika?“ fragte sie, und er nickte. So begann es.

Afrika. F"ur Henrietta wandelten sich das Wesen und der Inhalt des Wortes "uber die Jahre. F"ur das kleine Kind war es die Welt der Wunder und M"archen, der Traum von Sch"atzen und dunkelh"autigen Prinzen in pr"achtigen Gew"andern und fernen, in der Sonne glitzernden K"usten, ihr Traum, in den sie sich in den tr"uben, nordischen Wintern fl"uchtete.

In jener turbulenten, chaotischen Zeitspanne zwischen Pubert"at und Erwachsenwerden war es der geheime Zufluchtsort, in den sie sich zur"uckzog, wenn die Welt zuviel von ihr verlangte. Der Ort war nirgendwo, hatte keine bestimmte Form, es war nur ein warmes, dunkles Gef"uhl, ein Rhythmus und eine Erinnerung, Frieden gefunden zu haben. Wenn ihre Sehnsucht nach Licht und W"arme etwas anderes verlangte als nur Sonne, wenn die verkn"ocherten Vorschriften ihrer Umgebung zu einem Gef"angnis wurden, dann hatte das Wort Afrika die Bedeutung von Hoffnung und Trost und einer Verheissung von Freiheit. Ohne dieses Afrika, ihr Afrika, konnte sie nicht "uberleben.

„Du bist in Afrika geboren, auf einer kleinen Insel im weiten, blauen Meer“, hatte ihr Vater gesagt, und dann roch sie diesen Duft, rauchig und vertraut, und horte die windverwehte Melodie dunkler, sanfter Stimmen. Seine Worte waren wie ein Samen, und ihre Sehnsucht, dieses Verlangen nach dem Ort, der ihre Heimat war, wuchs daraus als kr"aftige, widerstandsf"ahige Pflanze. Sie wusste, dass sie eines Tages zur"uck nach Afrika gehen musste. „Gleich, wenn ich gross bin!“ Um sie herum wurde es dann hell und warm, selbst wenn draussen alles Leben unter einer Eisdecke gefror.

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