Lauert
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Ich habe wahrscheinlich schlimmere Dinge vor mir, als einen Arztbesuch, dachte sie sich mit einem bitteren L"acheln.
KAPITEL SECHS
Der grosse, grimmige Mann, der Riley und Crivaro erwartete, als sie aus dem Flieger stiegen, machte "uberhaupt keinen herzlichen Eindruck. Riley nahm an, dass es sich um Sheriff Quayle handeln musste, der eigentlich ihre Hilfe angefordert hatte. Doch er stand bloss da auf der Landebahn mit verschr"ankten Armen und einem w"utenden Ausdruck im Gesicht. Er schaute so drein, als w"urde er finden, dass Riley und Crivaro bereits etwas getan hatten, dass ihm nicht gefiel.
Findet er, wir sind sp"at dran, oder so? fragte Riley sich.
Sie fand, dass sie hier so schnell eingetroffen waren, wie man es von ihnen vern"unftigerweise erwarten konnte.
Riley und Crivaro holten ihre Dienstmarken zum Vorschein und stellten sich vor. Quayle machte keine Anst"ande dasselbe zu tun.
„Kommen Sie“, sagte er unwirsch. „Ich fahre Sie dort hin.“
Riley konnte nur annehmen, dass „dort“ den Tatort meinte.
Ein Mann weniger Worte, dachte Riley sich.
Sie und Crivaro folgten ihm durch den kleinen Flughafenterminal, dann hinaus auf den Parkplatz. Das Wetter war "ahnlich wie das in Virginia –– kalt, aber nicht zu sehr. Nicht wie es im Staat New York gewesen war. Doch es lag Schnee und es war kalt genug, dass Riley froh war sich warm angezogen zu haben.
Riley, Crivaro und Quayle stiegen in einen Polizeiwagen, der mit „Raffel County Sheriff“ beschriftet war.
Als er den Parkplatz verliess, grummelte Quayle leise: „Was f"ur ein Tag, an dem wir Leute wie Sie in unserer Gegend brauchen.“
Riley warf Crivaro einen fragenden Blick zu.
„Wieso mag er uns nicht?“, fl"usterte sie kaum h"orbar.
Schliesslich, wie Crivaro ihr im Flugzeug erz"ahlt hatte, hatte Quayle h"ochstpers"onlich eine Ermittlung seitens des FBI angefragt, und sogar explizit nach der Hilfe von Verhaltensanalyseagenten verlangt. Crivaro l"achelte leicht und zuckte mit den Schultern, so als w"urde er ihr sagen wollen, dass er es ihr sp"ater erkl"aren w"urde.
Dann sagte Crivaro zu Quayle: „Was k"onnen Sie uns zu den Morden sagen?“
„Nicht viel –– noch nicht“, sagte Quayle. „Deshalb sind sie hier.“
„Kannten die Opfer einander?“, fragte Crivaro.
„Nicht, dass ihre Eltern w"ussten“, sagte Quayle. „Es ist m"oglich, nehme ich an. Es sind nur zehn Minuten mit dem Auto von Dalhart zu Brattdale, einige Leute besuchen einander. Doch normalerweise bleiben die Leute in Dalhart hier und unter sich. Ein bisschen autark, k"onnte man sagen.“
„Was k"onnen Sie mir "uber das Opfer aus diesem Ort erz"ahlen?“, fragte Crivaro.
Quayle seufzte bitter.
„Kimberly Dent war ein gutes M"adchen“, sagte er. „Eine wirklich nette Kleine. Ich kannte sie seit ihrer Geburt. Ich bin mit beiden ihrer Eltern zur Schule gegangen, Phil und Claudia –– sie waren quasi seit ihrer Kindheit zusammen. Gute Leute. Niemand hat je irgendetwas gegen sie gehabt. Dann wiederum gibt es nichts als gute Leute in dieser Gegend. Wir haben keine Probleme wie die, an die Leute wie Sie gewohnt sind.“
Riley wusste nicht genau, wen oder was Sheriff Quayle mit „Leute wie Sie“ meinte, aber sie bemerkte eine herabsetzende Note in seiner Stimme, als er diese Worte sagte.
Bald daraufhin bog Quayle vom Highway auf eine kleinere Landstrasse ab. Als sie hinaus aufs Land fuhren, betrachtete Riley die h"ubsche, schneebedeckte H"ugellandschaft mit vereinzelten B"aumen hier und da, aus dem Fenster. Obwohl die Landschaft keine Berglandschaft war, die das westliche Virginia, wo Riley aufgewachsen war, wurde Riley an Szenen ihrer Kindheit in den Appalachen erinnert.
Die Fahrt brachte Erinnerungen in Riley hoch –– mache waren nostalgische, aber viele waren traurige. Vieles an ihrer Kindheit war schwierig gewesen, besonders nachdem ihre Mutter vor ihren Augen in einem S"ussigkeitenladen erschossen worden war. Obwohl die Sch"onheit dieser Landschaft sie zutiefst r"uhrte, hatte sie in einem sehr jungen Alter gelernt, dass Sch"onheit und H"asslichkeit oft Seite an Seite koexistierten.
Und hier ist etwas sehr H"assliches passiert, dachte sie.
„Wir sind gleich da“, sagte Sheriff Quayle.
Als sie hinter eine weitere Kurve bogen, sah Riley ein geparktes Auto und zwei Menschen –– einen Mann und eine Frau –– dastehen, wo die Strasse breit genug war, um Fahrzeuge am Strassenrand zu parken. Es sah danach aus, als h"atte der Verkehr den meisten Schnee in der Gegend zum Schmelzen gebracht.
Die zwei Menschen standen wenige Meter von der Strasse entfernt und schauten beide auf etwas. Es war ein weisses, ungef"ahr einen Meter hohes Kreuz.
Kimberly Dents Eltern, vermutete Riley.
Ihr Herz machte einen kleinen Sprung bei dem Gedanken, die trauernden Eltern kennenzulernen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass jetzt gleich tun zu m"ussen und sie war sich sicher, dass auch Crivaro das nicht erwartet hatte.
Sheriff Quayle fuhr an die Strassenseite und parkte sein Fahrzeug hinter dem bereits dort stehenden Auto. Riley und Crivaro stiegen mit ihm zusammen aus und gingen alle auf das Paar zu, das ihre Ankunft kaum bemerkt zu haben schien.
Riley konnte nun das Denkmal am Strassenrand genauer erkennen. Das einfach gestrichene Holzkreuz trug die Aufschrift von Kimberly Dents Namen. Irgendjemand –– das Paar, wie Riley vermutete –– hatte einen Strauss k"unstlicher Blumen davorgelegt. Das Paar stand mit gesenkten K"opfen da, wie in der Kirche.
Der Mann hatte einen Holzhammer in der Hand, er musste das Kreuz also gerade eben erst in die Erde geklopft haben. Das Paar hatte das Kreuz mit Steinen, die ein Herz formten, umrahmt.