Lauert
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Crivaro fegte die Bl"atter weg und sagte zu Quayle: „Schauen Sie mal.“
Wie erwartet, sah Riley eine teilweise verwischten Reifenspur im Dreck, wo der Schotter endete.
„Irgendwer hat hier geparkt“, sagte Crivaro und fuhr die Spur mit dem Finger nach. „Er war schlau genug die Spur zu verwischen, sodass wir keine solide forensische Analyse machen k"onnen. Aber der Grund war noch zu kalt und er war in Eile. Er hat sogar ein paar Bl"atter dr"uber gesch"uttet, um das, was von der Spur "ubrig geblieben ist, zu verbergen. Sein Fahrzeug war schwer genug, um Spuren zu hinterlassen. Sie sind jedoch nicht klar genug, um bestimmen zu k"onnen um welche Fahrzeugart es sich handelt.“
Crivaro erhob sich wieder und die drei warteten einen kurzen Weg hin"uber zum verlassenen Gestr"upp am Rande des Seitenstreifens.
Quayle zeigte auf den Boden und sagte: „Wie sie sehen k"onnen, gibt es um diese Jahreszeit nicht viel Blattwerk und sie trug einen roten Parka. Sie war also ziemlich gut von der Strasse aus zu sehen. Ein Fahrer entdeckte sie heute morgen und rief uns an.“
„Wann wurde die Leiche abtransportiert?“, fragte Crivaro.
„Um die Mittagszeit“, sagte Quayle. „Der Gerichtsmediziner wollte sie nicht l"anger als n"otig dem Unwetter "uberlassen.“
Riley konnte sehen, wo die Bl"atter angedr"uckt waren, weil dort die Leiche gelegen hatte. Crivaro b"uckte sich hinab, um einen genaueren Blick auf die Stelle zu werfen.
Crivaro ber"uhrte den Boden und sagte: „Kimberly wurde nicht direkt hier umgebracht.“
Quayle schaute "uberrascht.
„Das hat der Gerichtsmediziner auch gesagt, ausgehend vom vermuteten Todeszeitpunkt“, sagte Quayle. „Aber woher wussten Sie es?“
Riley konnte genau sehen, was Crivaro meinte. Sie wusste, was er sagen w"urde, als er begann zu gestikulieren und es Quayle zu erkl"aren.
„Es gibt keine Kampfspuren. Die einzigen Auff"alligkeiten sind das heruntergetrampelte Gestr"upp, durch das der M"order die Leiche getragen hatte und diese Mulde, wo der K"orper gelegen hatte. Es sieht so aus, als w"are sie ziemlich vorsichtig hier abgelegt und nicht einfach gedankenlos abgeworfen worden. Was hat ihr Gerichtsmediziner noch feststellen k"onnen?“
„Die Todesursache ist Strangulation, irgendwann gestern“, sagte Quayle. „Er konnte den genauen Todeszeitpunkt nicht ermitteln.“
Crivaro sagte: „Ich hoffe, Sie haben gute Fotos beider Tatorte.“
Quayle nickte und sagte: „Ja, und die Tatorte sehen sich sehr "ahnlich. Der Sheriff dr"uben in Brattledale stimmt mir zu, es muss sich um denselben M"order handeln. Ich zeige Ihnen die Bilder, wenn wir auf der Wache sind.“
W"ahrend Crivaro und Quayle weitersprachen, versuchte Riley sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Ihr unikales Talent war es, in die Gedanken des M"orders einzudringen, meistens an derlei Tatorten.
Es war eine komische F"ahigkeit und erschien selbst ihr unheimlich. Doch Crivaro hatte ihr oft versichert, dass es nichts Hellseherisches oder Mystisches daran gab. Riley hatte bloss aussergew"ohnlich gute Intuitionen und Instinkte –– genau wie Crivaro selbst.
Nat"urlich war es einfacher, wenn ein Tatort frischer war und die Leiche noch nicht abtransportiert worden war. Doch selbst hier sp"urte sie ein leichtes Kribbeln, ein unbestimmtes Gef"uhl von der Anwesenheit des M"orders.
Doch sie versp"urte keine Gef"uhle von Anfeindung oder Wut.
War das, weil der Mord selbst an einem anderen Ort stattgefunden hatte, wom"oglich mehrere Stunden bevor die Leiche hierher gebracht worden war?
Hatte der M"order den Hass auf das Opfer bereits ausgelebt?
Nein, das ist es nicht, dachte Riley sich.
Sie sp"urte, dass der M"order "uberhaupt keine Wut empfunden hatte. Schliesslich war die Leiche auf eine scheinbar sorgf"altige und vielleicht sogar respektvolle Art und Weise hier hingelegt worden.
Was ist mit Schuldgef"uhlen? fragte Riley sich.
Nein, sie konnte auch keine Schuldgef"uhle sp"uren. Und wie immer wurde ihr Bauchgef"uhl vom Anblick des Tatorts selbst untermauert. Der M"order hatte die Leiche mehr oder weniger sichtbar abgelegt, wo man sie in den fr"uhen Morgenstunden auf jeden Fall entdecken w"urde. Er hatte nicht versucht seine Tat zu verbergen. Er hatte "uberhaupt keine Schuld versp"urt.
Vielleicht f"uhlte er sich stolz?
Das konnte Riley nicht sagen. Doch sie sp"urte schon, dass er wom"oglich eine gewisse Genugtuung versp"urt hatte von dem, was er getan hatte. Als er diesen Ort verlassen hatte, hatte er das Gef"uhl gehabt, als habe er das Richtige getan, vielleicht sogar, als habe er seine Pflicht erf"ullt.
Riley schauderte, als ein anderes Gef"uhl "uber sie kam.
Er ist nicht fertig.
Er wird es erneut tun.
Ihr Tagtraum wurde von Crivaros Stimme unterbrochen.
„Komm Riley. Gehen wir.“
Sie wand sich um und sah, dass Crivaro und der Sheriff bereits aus dem Unterholz zur"uck zum Seitenstreifen staksten.
„Quayle f"ahrt uns auf die Polizeiwache des Ortes“, f"ugte Crivaro hinzu.
Riley folgte ihnen und sie alle stiegen in den Wagen des Sheriffs.
Als der Sheriff losfuhr, sah Riley sich auf das Kreuz um, dass das Paar vorhin als Andenken an ihre Tochter aufgestellt hatte. Nat"urlich hatte sie schon hunderte solcher Wegkreuze an Strassenr"andern gesehen, aber sie hatte immer angenommen, dass sie im Gedenken an Autounfallopfer aufgestellt worden waren.
Es erschien Riley irgendwie merkw"urdig ein solches Wegkreuz am Ort eines gr"asslichen, grausamen und vors"atzlichen Verbrechens aufzustellen.
Keine weiteren Kreuze, dachte sie.