Lauert
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Der Prozess w"urde bald stattfinden. Obwohl Jake, Riley und das gesamte Ermittlungsteam mit fast absoluter Gewissheit wussten, dass Mullins schuldig war, machte Jake sich Sorgen, ob die Jury das auch so sehen w"urde.
Jake fragte sich, ob er Lehls Bitte vorhin h"atte ausschlagen sollen. Lehl h"atte es ihm nicht vorgehalten. Und es war nicht so, als h"atte er nicht andere wichtige Dinge zu erledigen. Ausserdem war er von den Ereignissen gestern immer noch mitgenommen.
Ich glaube, ich bin einfach ein Typ, der nicht nein sagen kann, dachte Jake.
Er fragte sich, ob er wohl s"uchtig nach der Arbeit im Aussendienst war, und nach all der Action und den Gefahren, die sie mit sich brachte.
Oder vielleicht war es etwas anderes.
In letzter Zeit hatte er das Gef"uhl, dass sein Vertrauen in seine eigenen F"ahigkeiten schwand. Seine Ungewissheit "uber den Mullins Fall verst"arkte diese Zweifel nur. Vielleicht hatte er diesen Fall angenommen, weil er einen inneren Drang versp"urte sich zu beweisen –– zu beweisen, dass er immer noch seine Arbeit machen konnte, und das nicht nur gut sondern besser, als jeder andere in der Verhaltensanalyseeinheit.
Aber was, wenn diese Zeiten vorbei sind? fragte er sich.
Er dachte an etwas, was Agent Lehl eben gesagt hatte.
„Denken Sie einfach dar"uber nach, einen Partner mitzunehmen.“
Jake vermutete, dass es guter Rat war. Der Versuch Solo zu arbeiten, w"ahrend er mit Selbstzweifeln k"ampfte, war keine gute Idee. Aber Lehl hatte ihm soeben gesagt, dass er gerade keine anderen erfahrenen Agenten zur Verf"ugung hatte. Jake hatte keine Lust irgendeinem dummen, unerfahrenen Gr"unschnabel angewandten Unterricht zu geben –– nicht, wenn wahrscheinlich ein Serienm"order auf freiem Fuss war und sich bereit machte erneut zuzuschlagen.
Nat"urlich gab es da eine junge Agentin, von der Jake nicht so dachte...
Riley Sweeney.
Seine junge Proteg'e war mehr als vielversprechend. Sie hatte jetzt schon bessere F"ahigkeiten, als viele weitaus erfahrenere Agenten, auch wenn ihre Bewertungen der Situation oft noch erratisch waren und sie ein Problem damit hatte, Befehlen zu folgen. Eines Tages, das wusste er, w"urde sie genauso gut, wenn nicht noch besser, als er selbst sein. Ihm gefiel der Gedanke, dass sie seine Arbeit weiterf"uhren w"urde, wenn er nicht mehr da war. Und es gefiel ihm, mit ihr zusammen zu arbeiten.
Doch dar"uber hinaus hatte er das Gef"uhl, dass er begann sich wirklich auf sie zu verlassen. Wenn es stimmte, dass seine eigenen F"ahigkeiten nachliessen, so beruhigte es ihn, Riley dabei zu haben.
Doch als Jake dar"uber nachdachte, seufzte er laut.
Ich kann sie nicht bitten, an diesem Fall mitzuarbeiten, dachte er.
Es war viel zu fr"uh. Die arme Kleine war viel zu traumatisiert von den Ereignissen des gestrigen Tages. Seit der Schiesserei auf diesem verschneiten Parkplatz wurde Jake von Rileys entsetztem Gesichtsausdruck heimgesucht, als sie auf Heidi Wrights toten K"orper niederstarrte.
Das tote M"adchen hatte noch j"unger ausgesehen, als ihre tats"achlichen f"unfzehn Jahre –– wie eine traurige, kaputte kleine Puppe. Obwohl Riley nichts dergleichen gesagt hatte, wusste Jake, dass sie nicht anders konnte, als sich wie eine Art M"orderin zu f"uhlen. Die arme Kleine war immer noch in Schock gewesen, als er sie gestern zuletzt gesehen hatte.
Nat"urlich hatten Jake und Riley beide gewusst, dass sie fr"uher oder sp"ater auf jemand schiessen m"usste. Doch Jake h"atte nie gedacht, dass es unter so schrecklichen Bedingungen passieren w"urde –– und nat"urlich, h"atte auch Riley es nie gedacht.
Sie braucht eine Auszeit, dachte Jake.
Sie brauchte ausserdem professionellen Beistand, den Jake ihr in keiner Weise leisten konnte.
Und doch fragte Jake sich, ob er wirklich das Recht hatte, so eine Entscheidung f"ur sie zu treffen. Sollte sie nicht selbst entscheiden k"onnen, ob sie bereit war, wieder an die Arbeit zu gehen?
Eine andere Frage machte ihm ausserdem Sorgen.
Kann ich diesen Job wirklich ohne sie machen?
Jake griff nach dem H"orer seines Telefonapparats und w"ahlte ihre Nummer.
*
Riley betrat gerade ihre Wohnung, als ihr Handy klingelte. Frankie hatte sie soeben von Tiffin’s Grub & Pub nach Hause gefahren, wo die beiden Freundinnen sich ein leckeres Mittagessen geg"onnt und ein gutes Gespr"ach gehabt hatten. Riley hoffte, dass der Anruf ihr nicht die Laune verderben w"urde.
Als Riley die T"ur hinter sich schloss, schaute sie auf das Display. Der Anruf kam von Jake Crivaro. Sie nahm sofort ab.
Sie h"orte die brummende Stimme ihres Mentors: „Riley –– Crivaro am Apparat.“
Sein vertrauter Gruss brachte Riley zum L"acheln.
Sie antwortete beinahe: Ich weiss.
Stattdessen sagte sie: „Was gibt’s?“
Sie h"orte, wie Crivaro unentschlossen grunzte. Dann sagte er: „"Ahm, ich wollte nur... als ich dich gestern das letzte Mal gesehen habe, ging es dir nicht gut. Geht es dir besser?“
Riley versp"urte einen Funken Neugierde. Sie war sich sicher, dass Crivaro wegen mehr anrief, als sich bloss nach ihrem Wohlbefinden zu erkundigen.
„Ja, es geht mir besser“, sagte sie. „Ich denke aber, es wird noch eine ganze Weile dauern. Gestern war... naja, irgendwie hart, wissen Sie?“
„Ich weiss“, sagte Crivaro. „Es tut mir leid, dass alles so gekommen ist. Hast du bereits einen Therapietermin ausgemacht?“
„Noch nicht“, sagte Riley.
„Z"ogere das nicht hinaus“
„Das werde ich nicht“, sagte Riley, obwohl sie sich "uberhaupt nicht sicher war, dass sie es auch wirklich ernst meinte.