Ритмы истории
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Оба энергично служили Клио и на этой стезе резко разошлись с парадигмой
исторической историографии, предложив оригинальные концепции исторического процесса, без которых современное историческое познание уже не сможет обойтись.
Наш обзор моделей истории общества подходит к завершению. Оригинальность концепции В.Нойзера несомненна, но несомненно также и то, что последней точки в таких фундаментальных проблемах быть не может, да автор и не ставит точку, а приглашает к теоретическому разговору, который может дать новый импульс философско–историческим исследованиям [6] .
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Привожу
Wolfgang Neuser, Kaiserslautern (Deutschland)
Strukturwandel in der posttraditionellen Gesellschaft
Strukturwandel geh"ort gegenw"artig zu den gr"ossten Herausforderungen unserer Gesellschaft, das sind: Wertewandel in der s"akularen Gesellschaft, deren religi"ose Tradition sich aufzul"osen scheint; Globalisierungsprozesse einer Weltwirtschaft, in der sich die Rolle der Nationalstaaten neben weltumspannenden Unternehmen als global players wandelt; moderne Kommunikationstechnik, die das Arbeitsleben in rasantem Tempo ver"andert; soziale Spannungen und ethisch–religi"ose Konflikte, die die nationale und individuelle Sicherheit bedrohen; Produktionsfortschritte, die mit Qualit"atsgewinnen und–verlusten im privaten und "offentlichen Leben einhergehen; u.a.
Der gegenw"artige weltweit beobachtbare Strukturwandel muss als die Endphase einer 100–150 Jahre w"ahrenden "Ubergangsphase von einer traditionellen zu einer posttraditionellen Gesellschaft verstanden werden, die sich strukturell "ahnlich auch historisch in der Sp"atantike oder in der Renaissance abgespielt haben und die auch zu "ahnlichen Erscheinungen, wie der Aufl"osung politischer Hegemonialstrukturen (Zerfall des r"omischen Reichs, Zerfall der Kirchenmacht, Reorganisation Europas in Konkurrenz zu dem USA), Niedergang kultureller Traditionen und ihrer Ersetzung durch andere (Christianisierung statt lokaler Priester, Rationalismus und Empirismus statt Aristotelismus), der Umwertung von ethischen Normen (Betonung der Subjektverantwortung), oder kriegerischen Auseinandersetzungen (Vandaleneinf"alle, B"urgerkriege und Terrorismus) gef"uhrt haben. Sie haben auch eine struktur"ahnliche Ursache.
Auch wenn die politisch–gesellschaftlichen Umbr"uche auf den ersten Blick der Motor dieses Wandels zu sein scheinen, stellen sie jedoch nur Erscheinungsformen einer Ver"anderung der Gesellschaft dar, die ihren Grund in der "Anderung von Verstehensprozessen in der Gesellschaft haben — wie ich im folgenden zeigen will.
Ich will die Instrumente entwickeln, diese Verstehensprozesse ihrerseits zu verstehen und zu analysieren, um den Strukturwandel und die Auswirkungen des Strukturwandels auf den Wertewandel und die unternehmerische Wertsch"opfung begreifen zu k"onnen, um eine angemessene Reaktion auf den Strukturwandel konzipieren zu k"onnen und um deren Umsetzung im Unternehmenskontext skizzieren zu k"onnen.
In der gegenw"artigen Gesellschaft l"asst sich ein Strukturwandel beobachten, dessen Erscheinung von wirtschaftlichen Ver"anderungen "uber technologische Ver"anderungen bis hin zur Annahme eines Alterungsprozesses einer Zivilisation reichen, die aber ihren Grund in der "Anderung von Verstehensprozessen der Gesellschaft haben. Diese Ver"anderungen folgen aus Handlungen, die auf den ver"anderten Auffassungen davon beruhen, wie und welche wirtschaftliche Zusammenh"ange die Gesellschaft pr"agen, oder wie und welchen technischen Zusammenh"ange n"utzlich f"ur die Gesellschaft sind, oder welchen moralischen Regeln eine Gesellschaft folgen will oder sollte.
Was sind
Diese begrifflichen Zusammenh"ange, die das Verstehen ausmachen, k"onnen nicht beliebig sein; sie m"ussen einen breiten gesellschaftlichen Konsens anstreben, weil sie nur dann kommunizierbar sind.
Einzelne Begriffe sind normalerweise dabei immer ohne gr"ossere R"uckwirkungen auf den Konsens wandelbar, weil ihre Ver"anderung kommuniziert werden kann. Aber das Gros der Begriffe, zumindest aber sehr grundlegende Begriffe, deren "Anderungen wertreichende Bedeutung f"ur das Verstehen von Welt h"atte, verhalten sich tr"age gegen"uber Ver"anderungen. Ihre Ver"anderungen werden von der Community nicht problemlos akzeptiert. Durch diese nur in mittleren Zeitskalen ver"anderbaren Begriffen, an denen fast alle Mitglied einer Verstehensgemeinschaft teilhaben, kann man so etwas wie Rahmenbedingungen f"ur ein m"ogliches Verstehen von Welt, das einer Gesellschaft zur Verf"ugung steht, konstatieren. Da das spezielle Begriffsgef"uge, das zur Verf"ugung steht, das Verstehen in der Gemeinschaft beschr"ankt, kann und wird nicht jederzeit von einer Gesellschaft jeder m"ogliche Gedanke gedacht werden, sondern nur die, die im Kontext der in einer Zeit genutzten Begriffsgef"uge formulierbar sind.
Jeder Strukturwandel einer Gesellschaft gr"undet im Wandel der dem Weltverst"andnis in der Gesellschaft zugrundeliegenden Begriffsgef"uge und damit der Handlungen, die aus diesem Weltverst"andnis abgeleitet werden. So kann man durch eine philosophische Untersuchung den Status des Verstehens einer Gesellschaft konstatieren, indem man die Ver"anderungen der Begriffe und ihres Kontextes untersucht, nach Gesetzm"assigkeiten forscht, die hinter den Ver"anderungen der Begriffsgef"uge stehen, und dann m"ogliche zuk"unftige Entwicklungen der Begriffsgef"uge vorhersagen.
Die Gegenst"ande jeder philosophischen Untersuchung des gesellschaftlichen Wandels sind daher die grundlegenden Begriffe einer Zivilisation, deren Wandel eine tiefgreifende "Anderung des Weltverst"andnisses, der Orientierung in der Welt und der Wertungen des Handelns nach sich zieht. Wenngleich dieser Wandel in den meisten historischen Zeiten kontinuierlich, nur f"ur den aufmerksamen Beobachter merklich ist, und mit geringen Ver"anderungen geschieht, so gibt es doch immer wieder historisch hervorragende, relativ kurze Zeitr"aume (100 bis 150 Jahre), in denen akzelerierend Begriffe und damit Weltverst"andnisse ge"andert werden und die zu einer weitgehend neuen Sicht der Welt und damit neuen Begriffsgef"uge f"uhren. Diesen Wandel bezeichne ich als den "Ubergang von einer traditionellen Gesellschaft zu einer posttraditionellen Gesellschaft. [7]
7
«Posttraditionelle Gesellschaft“ darf nicht mit «postmoderne Gesellschaft“ verwechselt werden. Die Postmoderne bezeichnet eine Entwicklungsphase der Neuzeit und keine philosophisch unterscheidbare Gesellschaft: Jean–Francois Lyotard, La condition postmoderne, Paris 1979.
Diese posttraditionelle Gesellschaft ist eine transeunte und sehr labile Kulturform, die, wenn sie zu ihrem Ende hin zu einer in sich gef"ugten stabileren Gesellschaftsform gef"uhrt hat, wieder zu einer nun neu gef"ugten traditionellen Gesellschaft f"uhrt.
Wir leben heute in einer solchen posttraditionellen Gesellschaft und ihr Studium kann uns zu einer erh"ohten Aufmerksamkeit f"ur die Entwicklungsm"oglichkeiten auf eine zuk"unftige traditionelle Gesellschaft hin f"uhren.