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Bitterschokolade (Горький шоколад)
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Vor der letzten Scheibe Lachs drehte sie die Kassette um. Es war zehn Uhr. Die Eltern gingen ins Bett. Sie hцrte die Wasserspьlung im Badezimmer. Automatisch drehte sie den Recorder leiser. »Gute Nacht«, rief die Mutter durch die Tьr. »Gute Nacht, Eva.«

Eva antwortete nicht. Freiheit! Noch zwei Jahre, drei Monate und fьnf Tage!

Sie nahm ein leeres Heft, ein Rechenheft, und schrieb auf die erste Seite ganz oben: Dienstag, L Juli,

und darunter: Mittwoch, 2. Juli, dann Donnerstag, 3. Juli, dann den vierten und immer weiter. Nach fьnf Seiten hцrte sie auf. Sie war erst beim achten Septem­ber. Morgen wьrde sie weitermachen oder

ьbermor­gen. Und jeden Tag wьrde sie einen Tag durchstrei­chen, wie bei einem langen Adventskalender. Der Gedanke gefiel ihr. Sie fing an, neben die Zahlen kleine Bildchen zu machen. Einen Stier neben den ersten Juli, einen schwarzen Stier mit erhobenem Schwanz und Dampfwцlkchen aus den Nьstern. Einen runterhдn­genden groЯen Penis malte sie ihm noch hin. Das hatte sie mal gesehen, als sie bei Tante Irmgard zu Besuch war. Doch dann radierte sie ihn schnell wieder weg.

Morgen musste sie zur Schmidhuber, die wьrde ihr noch ein neues Kleid nдhen fьr Samstag. »Ein Som­merkleid ist ja schnell gemacht«, hatte die Mutter ge­sagt. »Wir gehen gleich nach dem Essen zum Kaufhof wegen Stoff.« Eva malte ein Sommerkleid neben den zweiten Juli. Ьbermorgen wьrde sie Michel treffen, um drei am Brunnen. Sie zeichnete ein Herz, suchte ihre Filzstifte und malte es rot an. AuЯen herum schrieb sie ganz klein: Amo te, ama nie! Ich liebe dich, liebe mich! Das stand auf einem Ring, den man bei ei­ner Ausgrabung gefunden hatte, hatte der Lateinlehrer erzдhlt. Und neben den Samstag setzte sie auch ein ro­tes Herz. Sie wьrde hingehen, und wenn sie ausreiЯen mьsste. Entschlossen klappte sie das Heft zu und steckte es in ihren Ranzen.

Im Bett dachte sie noch einmal: Zwei Jahre, drei Monate und fьnf Tage. Sie sagte das Wort: »Freiheit«, und lieЯ es mit einem Stьck Schokolade auf ihrer Zun­ge zergehen.

Freiheit. Freiheit!

12

Eva hatte einen braunbeige gestreiften Stoff gewдhlt. »Etwas Auffallendes kannst du nicht tragen«, hatte die Mutter gesagt, »aber etwas Frischeres, Krдftigeres sollte es schon sein. Schau mal der Rote da, ein ganz modernes Muster,«

»Nein«, hatte Eva beharrt. »Dieser da.«

»Na ja, wie du willst. Er Ist aber ziemlich teuer.« Aber sie hatte ihn gekauft. »Vielleicht hast du Recht. Streifen strecken.«

Bei der Schmidhuber saЯen sie dann um den groЯen Wohnzimmertisch herum und blдtterten in Modehef­ten. Es gab selbst gemachte Kekse und Limo. Die Mut­ter und die Schmidhuber benahmen sich so aufgeregt, als gingen sie selber zum Tanzen.

»Mein Gott, Renate, weiЯt du noch, wie wir frьher rumgelaufen sind, in was fьr Fдhnchen!«

»Es gab noch nicht so viel«, sagte die Schmidhuber. »Das Geld hat nicht gereicht fьr viele Kleider.«

»Aber schцn war's doch!«

»Hier«, sagte Eva und deutete auf ein einfaches Sommerkleid mit kurzen Дrmeln und rundem Aus­schnitt. »So ein Kleid hдtte ich gern. Kannst du das machen?«

Aber natьrlich, Evachen. Wenn du das willst! Sol­len wir nicht noch weiter suchen?«

»Nein. So eines hдtte ich gern.«

Eva half der Schmidhuber beim Tischabrдumen. Die Schmidhuber legte den Schnittmusterbogen mit dem Gewirr von Linien auf den Tisch und ein durchsichti­ges Papier darьber.

»Dass du dich da zurechtfindest!«, sagte Eva.

Die Schmidhuber lachte. »Gelernt ist gelernt«, sagte sie.

Bevor sie den Schnitt auf den Stoff ьbertrug, verglich sie Evas MaЯe mit den angegebenen und zeichnete an der Hьfte noch ein paar Zentimeter dazu. Eva war ihr dankbar, dass sie nicht wie sonst gesagt hatte: Du bist ja wieder dicker geworden.

»Wenn ich noch mal so jung wдre«, sagte die Mutter, »wьrde ich alles anders machen.«

»Wie denn?«, fragte Eva.

»Ich weiЯ nicht«, antwortete die Mutter. »Anders. Ich wьrde nicht mehr so frьh heiraten.«

»Aber du hast es doch ganz gut getroffen«, warf die Schmidhuber ein und fing an, den Stoff zu zerschnei­den. »Dein Mann ist fleiЯig und hдuslich und schaut nicht nach anderen Frauen. Und zwei gute Kinder hast du.«

Eva biss die Zдhne zusammen.

»Ja. Ja. Man muss dankbar sein dafьr«, sagte die Mutter. »Da hast du Recht. Aber trotzdem...! Die

Tage gehen vorbei, und ehe du dich versiehst, ist wie­der ein Jahr um.« Sie wischte sich mit der Hand ьber die Augen.

Freiheit, dachte Eva. Freiheit, Freiheit, Freiheit! Und sie steckte sich noch einen selbst gebackenen Keks in den Mund. Er schmeckte sehr gut.

»Evachen, wenn du auf mich hцrst, dann lernst du so einen Beruf, dass du nie auf einen Mann angewiesen bist. Auf sein Geld, mein ich«, sagte die Schmidhuber.

Eva lachte. »Das mach ich, Tante Renate«, sagte sie. Die Mutter warf ihr einen erstaunten Blick zu. Eva grinste. Die Mutter lдchelte ein bisschen traurig. »Tante Renate hat ganz Recht, Eva.«

Als das Vorderteil und der Rьcken zusammengehef­tet waren, musste Eva anprobieren. Schnell schlьpfte sie aus Rock und Bluse und schnell zog sie das neue Kleid ьber. Sie hatte den beiden Frauen den Rьcken zugedreht.

Dann steckte und heftete die Schmidhuber an ihr herum, mit Stecknadeln zwischen den Zдhnen und der Nдhnadel mit dem Reihfaden an ihrer Bluse festge­steckt.

»Arme hoch, Evachen.«

»Ja, so ist's recht.«

»Dreh dich mal um.«

»Schau, Marianne, ich mach da am Rьcken noch zwei Abnдher rein. Da sieht sie von der Seite schlanker aus.«

Dann legte sie die Stecknadeln zurьck in die Schach­tel. »So!«, sagte sie. »Jetzt kannst du in den Spiegel gucken.«

Im Flur war ein groЯer Spiegel mit Goldrahmen. Zu beiden Seiten des Spiegels hingen zwei Engel, nackt, nur mit einem kleinen Tuch um den Bauch und mit kleinen, goldenen Flьgeln. Sie stammten noch von der Oma der Schmidhuber. Der Linke hieЯ Eva. »So hast du ausgesehen, als du noch ein Baby warst«, sagte die Schmidhuber immer wieder. »Genau so.«

Eva betrachtete den Engel jedes Mal, wenn sie her­kam, versuchte, in dem pausbдckigen, lachenden Ge­sicht die Spuren ihres frьheren Aussehens zu finden. Der dicke Bauch und die runden Beine stimmten si­cher, dachte sie, obwohl sie auf ihren Kinderfotos gar nicht besonders dick aussah. Natьrlich auch nicht dьnn, das nicht, aber fett war sie damals nicht gewe­sen. Trotzdem, der Engel sah hьbsch aus und Eva freute sich ьber ihn.

So war ich, dachte sie. Und wann habe ich aufge­hцrt, so zu sein?

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