Die weisse Massai
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Der Verkauf und die Einsicht in die Notwendigkeit unseres Shops besch"aftigen mich am Ende dieses Tages sehr. Doch viel Zeit bleibt mir nicht, ich muss zu meinem Baby nach Hause. Voller Sorge eile ich im Dunkeln zu den Manyattas. Mein Kind hat schon mehr als sechs Stunden keine Brust mehr gehabt, und ich erwarte, eine v"ollig aufgel"oste Tochter vorzufinden. Als ich mich der Manyatta n"ahere, vernehme ich keinen Laut von ihr, daf"ur singt Mama. Ich krieche hinein und sehe verbl"ufft, wie mein M"adchen an der grossen, langen, schwarzen Brust der Mama saugt. Bei diesem Anblick kann ich nur staunen. Mama lacht, w"ahrend sie mir mein nacktes Baby entgegenstreckt. Als Napirai meine Stimme h"ort, schreit sie gleich los, um sich aber sofort wieder an meiner Brust festzusaugen. Ich bin immer noch sprachlos, dass Mama sie mit ihrer leeren Brust so lange beruhigen konnte.
Kurze Zeit sp"ater erscheint mein Mann, und ich erz"ahle ihm davon. Er lacht und meint, das sei normal hier. Auch Saguna sei zu ihr gekommen, schon als kleines Baby, weil das hier so "ublich sei. Das erste M"adchen der S"ohne bekommt die Mama als sp"atere Haushaltshilfe. Sie zieht es praktisch von Geburt an mit ihrer Brust und Kuhmilch auf. Ich betrachte mein M"adchen. Obwohl es vor Dreck steht und nach Rauch riecht, bin ich sehr zufrieden und mir dennoch gewiss, mein Kind niemals irgend jemandem zu "uberlassen.
Wir trinken Chai bei Mama und gehen dann zur"uck in unser Haus. Stolz tr"agt Lketinga Napirai. Vor der T"ur wartet der Chief. Nat"urlich muss ich ihm nochmals Chai kochen, obwohl ich keine Lust dazu habe. Pl"otzlich steht Lketinga auf, holt aus der Geldschachtel 200 Schillinge und gibt das Geld dem Chief. Ich weiss nicht wof"ur, doch halte ich den Mund. Nachdem er gegangen ist, erfahre ich, dass er das Geld f"ur seine Sicherheitshilfe im Shop verlangt hat. Mich "argert das, da er uns wieder hereingelegt hat. Er wol te ja unbedingt, dass wir verkaufen, und es war seine Pflicht, als Chief f"ur Ordnung zu sorgen, daf"ur wird er vom Staat bezahlt. All dies versuche ich Lketinga schonend beizubringen und stelle erfreut fest, dass er sich diesmal selber "argert und mir zustimmt.
Der Shop bleibt weiterhin geschlossen. Der Bursche, der mit Lketinga im Laden stand, kommt h"aufig vorbei. Mit mir gibt er sich nicht ab, was mich nicht weiter st"ort.
An den Gespr"achen merke ich, dass er etwas wil. Doch mein Mann winkt ab, er wol e nur den letzten Lohn, den er ihm aber schon ausbezahlt habe. Ich halte mich heraus, denn ich war in Maralal und im Spital und weiss von nichts.
Unser Leben verl"auft ruhig, und Napirai entwickelt sich zu einem richtigen Pummelchen. Fremden darf ich sie nach wie vor nicht zeigen. Jedesmal, wenn jemand in die N"ahe kommt, versteckt Lketinga sie unter der Babydecke, was sie gar nicht mag.
Eines Tages kommen wir vom River und wollen ins Chai-Haus, als ein Alter auf Lketinga zukommt. Wieder wird geredet. Mein Mann sagt mir, ich sol e hier warten und marschiert zum „Polizeih"auschen“. Dort erkenne ich den richtigen Chief, den Wildh"uter und den Boy vom Shop. Aus einiger Entfernung beobachte ich beunruhigt die Diskussion. Napirai h"angt an meiner Seite in einem Kanga und schl"aft. Als Lketinga nach mehr als einer Viertelstunde nicht zur"uckkommt, schlendere ich zu den M"annern.
Irgend etwas geht vor, ich sehe es am Gesichtsausdruck meines Mannes. Er ist w"utend, und es wird heftig debattiert, w"ahrend der Boy etwas abseits l"assig zuschaut. Immer wieder h"ore ich „Duka“, „Shop“. Da ich weiss, dass der Chief Englisch spricht, will ich von ihm wissen, um was es geht. Ich bekomme keine Antwort, statt dessen geben sich alle die Hand, und Lketinga schleicht verst"ort davon. Mit drei Schritten bin ich neben ihm, packe ihn bei der Schulter und wil wissen, was hier abgelaufen ist. M"ude dreht er sich zu mir um und erz"ahlt, er m"usse dem Boy noch f"unf Ziegen abgeben f"ur seine Arbeit im Shop, ansonsten droht ihm der Vater des Boys mit einer Anzeige bei der Polizei. Er will aber nicht ins Gef"angnis. Ich verstehe "uberhaupt nicht, was los ist.
Eindringlich frage ich meinen Mann, ob der Boy seinen Lohn jeden Monat bekommen hat. „Yes, Corinne, I don't know, why they want five goats, but I don't want to go again in prison, I'm a good man. The father of this boy is a big man!“
Ich kann Lketinga glauben, dass er das Geld bezahlt hat. Ihm mit Gef"angnis zu drohen f"ur nichts und wieder nichts ist wirklich das letzte, das ich ertragen kann, zumal dieser Boy schuld daran ist. Wutentbrannt st"urze ich auf ihn los und schreie ihn an: „What do you want from me?“ „From you nothing, only from your husband“, l"achelt er mich bl"ode an. Nun kann ich nicht mehr an mich halten und schlage und trete blindlings auf ihn ein. Er will ausweichen, doch ich erwische sein Hemd und zerre ihn heran, w"ahrend ich ihn lauthals mit deutschen Fl"uchen eindecke und anspucke.
Die umstehenden M"anner halten mich fest, und Napirai schreit wie am Spiess.
Inzwischen ist Lketinga da und sagt "argerlich: „Corinne, you are crazy, go home!“
„I'm not crazy, really not crazy, but if you give goats to this boy, I don't open again this shop!“
Der Boy wird von seinem Vater festgehalten, sonst w"urde er mich sicher anfallen.
W"utend reisse ich mich los und laufe mit der schreienden Napirai nach Hause. Ich verstehe meinen Mann nicht, warum er sich so einsch"uchtern l"asst und kann auch den Chief nicht begreifen. Ab jetzt werde ich mir jeden Handgriff bezahlen lassen.
Niemand kommt mehr in unseren Wagen, ohne vorher bezahlt zu haben! Viele starren mich an, als ich an ihnen vorbeirase, doch mir ist es egal. Mir ist klar, dass ich den Burschen und seinen Vater schwer beleidigt habe, denn hier schlagen die Frauen keine M"anner, eher umgekehrt.
Es dauert nicht lange, und Lketinga kommt mit dem Chief nach Hause. Sofort wollen sie wissen, warum ich das gemacht habe. Mein Mann ist verst"ort und entsetzt, was mich gleich wieder aufbrausen l"asst. Dem Chief lege ich unser Kreditbuch auf den Tisch, damit er sieht, wie viele tausend Schillinge wir wegen des Burschen ausstehen, wenn nicht verloren haben. Ausserdem steht er selbst mit "uber 300
Schillingen bei uns in der Kreide. Und so einer will f"unf Ziegen, was einen halben Jahreslohn bedeutet! Nun d"ammert es auch dem Chief, und er entschuldigt sich f"ur seinen Entscheid. Wir m"ussen aber einen Weg finden, uns mit dem Alten zu einigen, da Lketinga bereits mit Handschlag das Urteil akzeptiert hat.
H"oflichkeitshalber muss ich f"ur den Chief Tee kochen. Ich entz"unde die Holzkohle in unserem "Ofchen und stelle es ins Freie, damit der Luftzug die Kohle schnel er zum Gl"uhen bringt. Es ist eine sternenklare Nacht. Gerade wil ich zur"uck ins Haus, als ich nur ein paar Meter von mir entfernt eine Gestalt mit einem blitzenden Gegenstand bemerke. Augenblicklich versp"ure ich Gefahr und trete sofort ins Haus, um meinen Mann zu informieren. Er geht hinaus, und ich folge dicht hinter ihm. Der Chief bleibt in der H"utte. Ich h"ore Lketinga fragen, wer hier sei. Kurz darauf erkenne ich die Stimme und die Gestalt des Boys, der eine Machete in der Hand h"alt. B"ose frage ich, was er hier zu suchen habe. Er antwortet kurz, er sei hier, um mit der „Mzungu“