Die weisse Massai
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abzurechnen. Sofort st"urze ich ins Haus zur"uck und frage den Chief, ob er alles geh"ort habe. Er nickt und kommt nun ebenfalls heraus.
Erschrocken wil der Bursche wegrennen, doch Lketinga h"alt ihn fest und nimmt ihm die gef"ahrliche Machete aus der Hand. Triumphierend schaue ich den Chief an, nun sei er Zeuge eines Mordversuchs geworden. Er sol ihn festnehmen, und morgen fahren wir al e zusammen nach Maralal. Diesen gemeingef"ahrlichen Idioten will ich nicht mehr in unserer N"ahe sehen. Der Bursche versucht, al es abzuwiegeln, doch ich bestehe auf einer Festnahme. Der Chief geht mit dem Burschen weg. Mein Mann verschwindet auch, und ich verriegle zum ersten Mal die Haust"ur.
Kurze Zeit sp"ater klopft es. Nach vorsichtigem Nachfragen "offne ich dem Veterin"ar.
Er hat den L"arm geh"ort und will wissen, was passiert ist. Ich biete ihm Tee an und erz"ahle den Vorfall. Er best"atigt mich in meinem Vorhaben und bietet mir seine Hilfe an. Ohnehin hat er nie verstanden, warum wir diesen verr"uckten Burschen bei uns arbeiten liessen, denn er hat schon manches angerichtet, das sein Vater ausb"ugeln musste. W"ahrend wir uns unterhalten, kommt mein Mann nach Hause. Verdutzt schaut er zum Veterin"ar und dann zu mir. Der Veterin"ar beginnt ein Gespr"ach mit ihm. Ich verabschiede mich und krieche unter das Moskitonetz zu meiner Napirai.
Der Vorfal geht mir nicht aus dem Kopf, und ich habe M"uhe einzuschlafen. Sp"ater kommt Lketinga ebenfalls ins Bett. Er versucht, mit mir zu schlafen. Ich habe "uberhaupt kein Verlangen, ausserdem liegt Napirai bei uns. Aber er will einfach wieder einmal Sex. Wir probieren es, doch es tut mir wahnsinnig weh. W"utend vor Schmerz stosse ich ihn weg und verlange Geduld von ihm, schliesslich ist Napirai erst f"unf Wochen alt. Lketinga versteht meine Abweisung nicht und behauptet "argerlich, ich h"atte es wohl schon mit dem Veterin"ar getrieben. Als er mir das an den Kopf wirft, habe ich endg"ultig genug f"ur heute. Ich breche in Tr"anen aus, doch sprechen kann und will ich nicht mehr. Das einzige, was ich ihm erwidere, ist, dass er heute nicht hier im Bett schlafen kann. Seine N"ahe k"onnte ich im Moment, nach diesem Vorwurf und nach al em, was ich heute erlebt habe, nicht mehr ertragen. So richtet er sich ein Nachtlager im vorderen Raum ein. Napirai kommt in der Nacht zwei- bis dreimal an die Brust, anschliessend m"ussen die Windeln gewechselt werden.
Um etwa sechs Uhr morgens, als sie sich gerade wieder meldet, klopft es an unsere T"ur. Es wird wohl der Chief sein, doch bin ich nach unserer Auseinandersetzung nicht mehr in der Stimmung, nach Maralal zu fahren. Lketinga "offnet, und vor der T"ur steht der Vater des Boys mit dem Chief. W"ahrend ich in meinen Rock steige, wird draussen heftig debattiert. Nach einer halben Stunde kommt mein Mann mit dem Chief in unser Haus. Es f"al t mir schwer, die M"anner anzusehen.
Der Chief gibt mir eine Entschuldigung des Boys und dessen Vater weiter und erkl"art, wenn wir nicht nach Maralal fahren w"urden, sei der Vater bereit, uns f"unf Ziegen zu geben. Ich entgegne ihm, dass damit mein Leben nicht ausser Gefahr sei, vielleicht versuche er es morgen oder "ubermorgen wieder, in Maralal hingegen verschwinde er f"ur zwei bis drei Jahre im Gef"angnis.
Der Chief teilt dem alten Mann meine Bedenken mit. Er verspricht mir, den Burschen f"ur eine Weile zu Verwandten zu bringen. Auf meinen Wunsch hin b"urgt er daf"ur, dass sein Sohn nie wieder n"aher als 150 Meter an unser Haus herankommt.
Nachdem mir der Chief diese Vereinbarung schriftlich best"atigt hat, bin ich einverstanden. Lketinga geht mit dem Alten die Ziegen abholen, bevor sie den Kral verlassen.
Ich bin froh, dass er fort ist, und gehe gegen Mittag zur Mission, um meine Tochter zu zeigen. Pater Giuliano hat sie seit Wamba nicht mehr gesehen, und Pater Roberto kennt sie "uberhaupt noch nicht. Beide freuen sich sehr "uber meinen Besuch.
Aufrichtig bewundert Pater Giuliano mein sch"ones M"adchen, das ihm neugierig ins weisse Gesicht schaut. Als er h"ort, dass mein Mann unterwegs ist, l"adt er mich zum Mittagessen ein. Ich bekomme hausgemachte Teigwaren und Salat. Wie lange habe ich keinen Salat mehr gegessen! Ich komme mir vor wie im Schlaraffenland.
W"ahrend des Essens erz"ahlt mir Giuliano, dass er demn"achst f"ur mindestens drei Monate Ferien in Italien macht. Ich freue mich f"ur ihn, doch ist mir nicht wohl, ohne ihn hier zu sein. Wie oft war er doch ein rettender Engel in der Not!
Wir sind gerade fertig mit dem Essen, als pl"otzlich mein Mann auftaucht. Die Situation ist sofort gespannt: „Corinne, why do you eat here and not wait for me at home?“
Er nimmt Napirai an sich und verl"asst uns. Schnel bedanke ich mich bei den Missionaren und eile Lketinga und dem Baby nach. Napirai schreit. Als wir zu Hause sind, gibt er mir das Kind und fragt: „What do you have made with my baby, now she cries only, when she comes to me!“
Statt zu antworten, frage ich ihn, weshalb er schon zur"uck ist. Er lacht h"ohnisch:
„Because I know you go to other men, if I'm not here!“
W"utend "uber die ewigen Vorw"urfe beschimpfe ich ihn, er sei crazy. „What do you tel me? I'm crazy? You tell your husband, he is crazy? I don't want see you again!“
Dabei packt er seine Speere und verl"asst das Haus. Wie versteinert sitze ich da und verstehe es nicht, warum er mir dauernd andere M"anner unterstellt. Nur weil wir l"angere Zeit keinen Sex mehr hatten? Ich kann doch nichts daf"ur, dass ich erst krank und dann so lange in Maralal war! Zudem haben Samburus sowieso keinen Sex w"ahrend der Schwangerschaft.
Unsere Liebe hat bereits einige Schl"age einstecken m"ussen, so kann es nicht weitergehen. In meiner Verzweiflung nehme ich Napirai und gehe zu Mama. So gut wie m"oglich versuche ich ihr die Situation zu schildern. Dabei laufen mir Tr"anen "uber das Gesicht. Sie sagt nicht viel dazu, und meint lediglich, es sei normal, dass die M"anner eifers"uchtig sind, ich solle einfach nicht hinh"oren. Dieser Rat tr"ostet mich wenig, und ich schluchze noch heftiger. Jetzt schimpft sie mit mir und sagt, ich h"atte keinen Grund zu weinen, da er mich nicht geschlagen habe. Hier finde ich also auch keinen Trost und gehe traurig nach Hause.
Gegen Abend schaut meine Nachbarin, die Frau des Veterin"ars, vorbei.
Anscheinend hat sie etwas mitbekommen von unserem Krach. Wir machen Chai und unterhalten uns z"ogernd. Die Krieger sind sehr eifers"uchtig, meint sie, doch d"urfe ich deshalb meinen Mann niemals crazy schimpfen. Das sei gef"ahrlich.
Als sie geht, f"uhle ich mich mit Napirai sehr verlassen. Ich habe nichts gegessen seit gestern Mittag, aber wenigstens habe ich Milch im "Uberfluss f"ur mein Baby. Diese Nacht kommt mein Mann nicht nach Hause. Langsam mache ich mir grosse Sorgen, ob er mich wirklich verlassen hat. Am n"achsten Morgen f"uhle ich mich elend und komme kaum aus dem Bett. Meine Nachbarin schaut mittags wieder vorbei. Als sie sieht, dass es mir schlecht geht, h"utet sie Napirai und w"ascht al e Windeln. Dann holt sie Fleisch und kocht mit meinem letzten Reis ein Essen f"ur mich. Ich bin ger"uhrt "uber ihren Einsatz. Hier entwickelt sich das erste Mal eine Freundschaft, in der nicht ich, die Mzungu, gebe, sondern mir eine Freundin ohne Aufforderung hilft. Tapfer esse ich den gef"ullten Tel er leer. Sie will nichts, da sie schon gegessen hat.