Heute oder nie!
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SIE: Und wenn ich ausgerechnet Sie fangen will?
ER: Vergeude keine Zeit, das klappt nicht. Zuf"allige Verbindungen sind nicht mein Stil. Ausserdem liebe ich meine Frau.
SIE: (Mit gespielter Verwunderung.) Was Sie nicht sagen? Ein Mann wohnt im Hotel und gesteht einer Frau, dass er verheiratet ist! Und seine Frau auch noch liebt! Ein seltenes Beispiel von Aufrichtigkeit und Ordnungssinn.
ER: So oder so, ich bin verheiratet und damit Schluss.
SIE: Aber wen st"ort das? Habe ich denn mit einem Wort bemerkt, dass Sie mich heiraten sollten?
ER: Bisher nicht, aber deiner Eile nach, spielst du vielleicht bald darauf an. (Sieht sich im Saal um.) Wohin ist dieser verdammte Kellner verschwunden?
SIE: (Sich noch gem"utlicher setzend.) Ich sp"ure, dass Sie nicht von Ihrer Standhaftigkeit "uberzeugt sind und mich deshalb vertreiben.
ER: H"oren Sie zu, das beginnt mir l"astig zu werden. Hier gibt es ausreichend freie Tische. Warum, haben Sie sich ausgerechnet zu mir gesetzt?
SIE: Weil ich das wollte.
ER: Ich sehe, so einfach lassen Sie nicht von mir ab, deshalb, lass uns eines klar stellen: Ich bin dagegen und habe mit Strassenm"adchen nichts am Hut. Du hast keinerlei Chance.
SIE: Und Sie, versteht sich, bevorzugen ordentliche.
ER: Versteht sich.
SIE: Aber was ist denn nach Ihrer Meinung ein Strassenm"adchen?
ER: Eine, die Liebe f"ur Geld verkauft.
SIE: Das heisst, Sie bevorzugen ordentliche aus Sparsamkeit?
ER: "Arger' mich nicht!
SIE: Das werd' ich nicht. Das heisst, f"ur Sie bin ich eine von der Strasse?
ER: Was denn sonst?
SIE: Mache ich mich denn auf der Strasse an Sie heran?
ER: Auf der Strasse, im Restaurant – welcher Unterschied? Hauptsache, f"ur Geld.
SIE: Habe ich Sie um Geld gebeten?
ER: (Unwillig.) Bisher nicht.
SIE: Sagen Sie, und wenn eine Frau ihren Mann kostenlos betr"ugt, ist sie dann ordentlich?
ER: (Weiss nicht, was er sagen soll.) Mach mich nicht an!
SIE: Und wenn ich mit Ihnen eine Nacht ohne Geld verbringe, werde ich ordentlich sein?
ER: Ich hab' doch gesagt, mach mich nicht an!
SIE: Mit einem Wort, Sie lehnen mich ab.
ER: Ja.
SIE: Warum?
ER: Ich f"urchte, dass ich nach dieser feurigen Nacht zum Arzt muss, und dann wird sie wirklich unvergesslich.
SIE: F"urchten Sie sich tats"achlich davor, oder wollten Sie mich beleidigen?
ER: Ich f"urchte mich tats"achlich davor.
SIE: Aber ich dachte doch, dass Sie vor der Verf"uhrung die Ordentlichkeit bewahrt.
ER: Und Ordentlichkeit auch.
SIE: Sehr l"oblich. Wie hat Horazius noch geschrieben, „Fliehe vor aller Lust, der Preis der Lust ist Leiden“.
ER: (Kann seine Verwunderung nicht verbergen.) Zum ersten Mal treffe ich eine Frau, vom Leichten Gewerbe, die Horazius zitiert.
SIE: Treffen sie sich denn oft mit solchen Damen?
ER: Das geht nur mich an.
SIE: Haben Sie denn viele Ingenieure getroffen, die Horazius zitierten? Oder "Arzte?
ER: Ehrlich gesagt, nicht viele. "Uberhaupt keine. Woher haben Sie diesen Horizont?
SIE: Das hab' ich bei den Kunden aufgefangen. Unter denen gibt es durchaus auch intelligente. (Betont.) Manchmal auch mit akademischen Grad.
ER: (Wirft ihr einen pr"ufenden Blick zu.) Wissen Sie irgendetwas "uber mich?
SIE: Kann sein.
ER: Ich sehe, bei Ihnen muss man auf der Hut sein. Und um Worte sind Sie auch nicht verlegen.
SIE: Verlegenheit ist meine Sache nicht.
ER: (Sieht sie wieder aufmerksam an.) Ich kann Sie einfach nicht durchschauen.
SIE: Ich denke, das lohnt sich nicht. Sie w"urden es bedauern.
ER: Sie gleichen keiner gew"ohnlichen Prostituierten.
SIE: Ich sehe, Sie haben eine reiche Erfahrung. Ungeachtet Ihrer K"alte, Standhaftigkeit und des Widerwillens wissen Sie von irgendwoher, wem Prostituierte gleichen.
ER: Aus dem Kino.
SIE: Seien Sie nicht bescheiden! Sagen Sie lieber, wie Nachtschw"armer aussehen und sich verhalten.
ER: Ich weiss nicht… Wahrscheinlich hemmungsloser.
SIE: Sie wollten wohl sagen, „aufreizender“. Sagen wir, so. (Schl"agt die Beine "ubereinander, macht eine Schulter frei, streift den Saum des Kleids bis zur "aussersten Grenze und steckt sich eine „virtuelle“ Zigarette an.) "Ahnlich?
ER: (Unwillk"urlich l"achelnd/schmunzelnd.) Wahrscheinlich.
SIE: Gef"allt Ihnen das?
ER: Ja und nein. Es st"osst ab… aber zieht auch an.
SIE: Danke f"ur das offenherzige Bekenntnis.
ER: (Giesst ihr aus einer Karaffe ein.) Etwas Wodka?
SIE: Was denn, trinken denn solche M"adchen in den Filmen immer Wodka? Ich geh' selten ins Kino, aber ich dachte, dass deren eigentliche Besch"aftigung eine ganz andere ist.
ER: Wenn Sie nicht wollen, trinken Sie nicht! Ehrlich gesagt, ich mag ihn {Wodka} auch nicht.
SIE: Also, und wie stehen Sie zu den Frauen des Freien Berufs.
ER: (Zuckt mit den Schultern.) Ich weiss nicht. Wenn sie schon existieren, werden sie wohl von jemandem gebraucht.
SIE: Aber nicht von Ihnen.
ER: Nicht von mir.
SIE: Womit haben die Sie denn so ver"argert?
ER: Damit, dass sie sich allen und jedem hingeben.
SIE: Warum sollten sie denn nicht demjenigen Vergn"ugen bereiten, der daran Bedarf hat? Ich w"urde sagen, das ist sogar unsere weibliche Aufgabe. (Mit gespielter Feierlichkeit.) Schon Platon hat best"atigt, dass wir nicht nur f"ur uns selbst leben sollten, sondern teilweise auch der "Offentlichkeit geh"oren, teilweise den Freunden.