Heute oder nie!
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DOKTOR: Das ist f"ur alle das Hauptproblem.
ANTON: Aber f"ur mich besonders. (Unerwartet.) Leihen Sie mir etwas.
DOKTOR: Ich w"urde Ihnen leihen, aber Sie vergessen, es zur"uckzugeben.
ANTON: Ich vergesse es nicht. Ich unterschreibe eine Quittung.
DOKTOR: Und verschwinden.
ANTON: Wohin kann ich denn? Mein Pass ist doch bei Ihnen. Im "aussersten Fall gibt Ihnen meine Frau das Geld zur"uck.
DOKTOR: Welche von beiden?
ANTON: (Vertraulich.) Versetzen Sie sich in meine Situation.
DOKTOR: Das w"urde ich mit Vergn"ugen machen, aber ich weiss nicht, worin sie besteht.
ANTON: Kommt es denn nicht vor, dass ein Mann zwei Frauen hat?
DOKTOR: (Mit grossem Interesse.) Und Sie haben zwei?
ANTON: Eine.
DOKTOR: Welche denn?
ANTON: (Zweifelnd.) Ich weiss nicht.
DOKTOR: Ich verstehe nichts.
ANTON: Ich auch. Doktor, ich brauche dringend Geld. Eine Frage auf Leben und Tod. Leihen Sie mir welches. Ich gebe es Ihnen heute wieder zur"uck.
DOKTOR: Wie viel brauchen Sie?
ANTON: Wenigstens eintausend Euro.
DOKTOR: „Wenigstens“?
ANTON: Wenn Sie mit eintausend Probleme haben, geben Sie mir zwei.
DOKTOR: Um Sie loszuwerden w"urde ich sogar drei geben.
ANTON: (Erfreut.) Ich nehme auch vier.
DOKTOR: Vier gebe ich nicht. Drei auch. Aber tausend gebe ich. Unter der Bedingung, dass ich Sie hier nie mehr sehe.
ANTON: Abgemacht.
DOKTOR: (Nimmt Geldscheine aus dem Geldbeutel.) Nehmen Sie! Und – kehrt um, vorw"arts Marsch!
ANTON: Zu Befehl!
Der strahlende Anton eilt davon. Der Doktor kehrt an den PC zur"uck. Aber die Arbeit klappt nicht. Marina tritt ein.
MARINA: (Beunruhigt.) Wo ist mein Mann?
DOKTOR: Er ist hier. Ich habe gerade erst mit ihm gesprochen.
MARINA: Sie sehen ziemlich betr"ubt aus. Ist etwas passiert?
DOKTOR: Ich muss zugeben, ich bin in eine teuflisch unangenehme Situation gekommen. In eine richtige Falle.
MARINA: Erz"ahlen Sie, um was geht es? Vielleicht kann ich Ihnen helfen.
DOKTOR: Nein, das k"onnen Sie nicht.
MARINA: (Nimmt ihn sanft an der Hand.) Erz"ahlen Sie trotzdem. Ihnen wird wenigstens leichter.
DOKTOR: (Wischt sich die Stirn ab.) Verzeihen Sie, aber wer sind Sie – Marina oder Johanna?
MARINA: Ich bin Marina.
DOKTOR: Ja, richtig. Wissen Sie, mit mir geht etwas unverst"andliches vor sich. Im Kopf verwirrt sich alles, ich begreife nichts. Von mir wird eine Krankengschichte gefordert, und ich, da k"onnen Sie mich umbringen, erinnere mich nicht, dass ich sie geschrieben habe. Und wenn ich sie nicht geschrieben habe oder aus Versehen gel"oscht, dann kann ich grosse Schwierigkeiten bekommen.
MARINA: Dann schreiben Sie doch eine neue, worin besteht das Problem? Ist es das denn wert, den Kopf h"angen zu lassen?
DOKTOR: Eine fiktive Krankengschichte mit unechtem Datum zu verfassen, ist ungesetzlich. Damit stolpere ich in noch gr"ossere Unannehmlichkeiten.
MARINA: Ach, wer erf"ahrt denn davon?
DOKTOR: Wenn es eine Pr"ufung gibt, kann man das ganz leicht aufdecken. Der PC fixiert doch automatisch das Erstellungsdatum einer Datei. "Ubrigens, Sie werden wohl kaum etwas davon verstehen.
MARINA: Und darin besteht das ganze Problem?
DOKTOR: Im technischen Sinn, ja. "Uber Gewissensbisse und Berufsehre red' ich schon gar nicht. Die interessieren in unserer Zeit niemanden.
MARINA: Mir scheint, ich kann Ihnen helfen.
DOKTOR: Wie?
MARINA: Habe ich Ihnen denn nicht gesagt, dass ich von Beruf Programmiererin bin?
DOKTOR: Sie?!
MARINA: Und Ihr technisches Problem ist aus Sicht eines Programmierers nur ein Nichts. Setzen Sie sich neben mich.
Beide setzen sich an den PC. Marinas Finger fliegen schnell "uber die Tastatur.
Hier, schauen Sie… Wir "offnen eine Datei mit der Krankengeschichte Antons… Der PC zeigt an, dass sie heute geschaffen wurde. Richtig?
DOKTOR: Richtig.
MARINA: Jetzt eine kleine Korrektur… Schauen Sie jetzt – wann wurde die Datei geschaffen?
DOKTOR: (Schaut auf den Bildschirm.) Vor zweieinhalb Jahren. Einfach unglaublich! Wie haben Sie das geschafft?
MARINA: (Zitiert mit Ironie den Doktor.) Wissen und Arbeit.
DOKTOR: Ich weiss nicht, wie ich Ihnen danken soll!
MARINA: Danken brauchen Sie nicht. (Schwankend.) Und jetzt will ich Ihnen etwas sehr wichtiges sagen… (Verstummt.)
DOKTOR: Nun, was schweigen Sie denn?
MARINA: Es ist schwer, mich zu "uberwinden. Aber ich werd's doch sagen.
Der Mann tritt ein. Marina verstummt. Sie ist sehr verwirrt.
MANN: (An Marina.) Jetzt verstecken Sie sich nicht vor mir. (An den Doktor. Sein Ton ist hart,) Lassen Sie uns bitte alleine.
Der Doktor blickt fragend auf Marina. Sie nickt ihm zu. Der Doktor geht hinaus. Pause.
MARINA: Nun, reden Sie.
MANN: Sie wissen hervorragend, um was es geht.
MARINA: Nicht ganz.
MANN: Dann f"uhre ich die Sache so klar und kurz aus, wie m"oglich, zudem wenig Zeit "ubrig bleibt. Sie haben aus der Bank die Ihnen bekannte Summe entwendet. Das Geld ist zwar nicht auf Ihr Konto "uberwiesen, aber Sie wissen bestens, was darauf steht.