Heute oder nie!
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MARINA: Gef"angnis.
MANN: V"ollig richtig. Sie galten als gebildete Mitarbeiterin. Ehrlich gesagt, ich bewundere auch jetzt noch Ihre Kunstfertigkeit, mit der Sie diese Operation durchgef"uhrt haben. Zwei Jahre hat die Bank nicht bemerkt, wie eine einzige Zeile im Computerprogramm zu dem Geldverlust gef"uhrt hat.
MARINA: Man muss noch beweisen, dass ich diese Zeile einf"ugt habe.
MANN: Experten werden das beweisen.
MARINA: Unklar, wer erfahrener ist – ich oder Ihre Experten. Was wollen Sie von mir?
MANN: Geben Sie das Geld zur"uck, und die Bank wird Sie nicht vor Gericht bringen.
MARINA: Woher diese Milde? Daher, dass Sie mir gegen"uber nicht ganz gleichg"ultig sind?
MANN: Sie wissen, dass ich Ihnen gegen"uber wirklich nicht ganz gleichg"ultig bin, aber in diesem Fall sind rein kommerzielle Gr"unde wichtiger. Die Bank braucht wirklich nicht, dass der "Offentlichkeit bekannt wird, dass unsere Mitarbeiter das Geld der Anleger stehlen. Dann verlieren wir tausende Kunden und hunderttausende Euro. Deshalb sind wir interessiert, diese Sache zu vertuschen.
MARINA: Wann muss man das Geld zur"uckgeben?
MANN: Heute. Andernfalls werden Sie morgen verhaftet.
MARINA: Heute kann ich nicht. Und morgen, "ubrigens, auch nicht. Und "ubermorgen.
MANN: Warum?
MARINA: Was macht den Unterschied?
MANN: Gut. Ich hab' gesagt, was ich sagen sollte. Denken Sie nach. Ich wiederhole: Zeit haben Sie wenig. (Steht auf, geht zum Ausgang, bleibt stehen. Sein Ton ver"andert sich.) Marina, Sie wissen doch, wie ich zu Ihnen stehe.
MARINA: Ich weiss.
MANN: Weshalb haben Sie das gemacht?
MARINA: Weil… Weil ich es getan habe.
MANN: Und wo ist denn trotzdem das Geld?
MARINA: Ich habe es nicht f"ur mich genommen.
MANN: Das habe ich vermutet. Dann soll eben jener Mensch sitzen! Letztendlich hat n"amlich er sich das Geld von dem Konto angeeignet, und Sie sind formell fast nicht schuldig. Jene Zeile im Programm kann man als technischen Fehler erkl"aren. Was sagen Sie dazu?
MARINA: (Nach einigem Schweigen.) Lassen Sie mich etwas nachdenken. Warten Sie unten im Caf'e, ich werde Sie rufen. Und solange habe ich eine Bitte an Sie. In diesem Caf'e sitzt eine Frau namens Johanna. Bitten Sie sie, heraufzukommen.
MANN: Gut.
Der Mann geht. Der Doktor tritt ein.
DOKTOR: Wer ist dieser Mann?
MARINA: Der Vizepr"asident der Bank.
DOKTOR: Was wollte er von Ihnen?
MARINA: Unwichtig. Doktor, ich will Ihnen etwas gestehen.
DOKTOR: (Versucht zu scherzen.) Ich hoffe, Ihre Liebe?
MARINA: Nein, einfach ein Gest"andnis. Obwohl, ich verberge nicht, dass Sie mir sehr sympathisch sind. Deshalb muss ich Ihnen auch etwas gestehen. (Verstummt.)
DOKTOR: Sie wollten mir auch davor etwas sehr wichtiges sagen, aber die Ankunft dieses Mannes st"orte dabei.
MARINA: Ja.
DOKTOR: Dann gestehen Sie doch endlich!
MARINA: Sie werden mich verachten.
DOKTOR: Unsinn. (Und da Marina schweigt, f"ahrt er fort.) Wenn Sie sich nicht entschliessen, zu gestehen, dann erlauben Sie mir das zu tun. Sie sind die Frau, von der ich schon lange getr"aumt habe. Wenn Sie nicht verheiratet w"aren, w"urde ich Ihnen einen Antrag machen. Lachen Sie mich nur nicht aus.
MARINA: Ich m"ochte weinen und nicht lachen.
DOKTOR: "Uberlegen Sie: Wenn es nicht gelingt, Ihren Mann zu heilen, dann m"ussen Sie sich trotzdem von ihm trennen. Und dann werde ich mich um ihn und um Sie k"ummern. Ich bin nicht jung und nicht h"ubsch…
MARINA: (Unterbricht ihn.) Sie sind nicht alt und sehr wohl anziehend.
DOKTOR: Danke. Aber ich wollte sagen, dass ich daf"ur v"ollig versorgt bin und mich bem"uhe, Sie gl"ucklich zu machen. Und, die Hauptsache, ich verhalte mich Ihnen gegen"uber gut.
MARINA: Das ist wirklich die Hauptsache.
DOKTOR: Und jetzt sagen Sie, was Sie mir sagen wollten.
MARINA: Aber nun f"allt es mir noch schwerer, mich dazu durchzuringen. Sache ist die, dass…
Johanna tritt ein. "Uberrascht davon, Marina mit dem Doktor zusammen zu sehen, bleibt sie abrupt stehen.
JOHANNA: Du hast mich gerufen?
MARINA: Ja.
DOKTOR: (Verwundert.) Wie, Sie kennen sich?!
MARINA: Wie Sie sehen.
DOKTOR: Ich verstehe gar nichts.
MARINA: Bald werden wir alles erkl"aren. Lassen Sie uns nur zuerst alleine miteinander reden. Ich werde Sie rufen. (Pause. Der Doktor geht hinaus.)
JOHANNA: Was ist passiert?
MARINA: Alles ist aufgeflogen. Die Bank fordert Geld.
JOHANNA: (Ersch"uttert.) Schon?
MARINA: Irgendwann musste das passieren.
JOHANNA: Und trotzdem ist es so unerwartet. Und so schrecklich. (Fasst sich wieder.) Wir m"ussen handeln.
MARINA: Du meinst die Sache mit dem Doktor?
JOHANNA: Ja. Heute noch, gleich jetzt m"ussen wir ihn bis zum Ende bringen.
MARINA: Ich will nicht.
JOHANNA: Warum?
MARINA: "Uberleg selbst, welche verhassten Rollen wir spielen. Wirst du dich denn danach noch selber achten k"onnen?
JOHANNA: Lieber sich selbst nicht achten in Freiheit, als sich achten im Gef"angnis.
MARINA: Wir verhalten uns unw"urdig.
JOHANNA: Wir k"ampfen nur f"ur uns selbst.
MARINA: Und vernichten ihn dabei.