Немецкий с улыбкой. Учись смеяться не плача / Lerne lachen ohne zu weinen
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– „Und wie?“
– „Immer verfassungstreu, oho! Druck mit staatsfeindlichen [22] Mitteln auf den Staat – und dann verfassungstreu. Wie sie regieren werden? Viel harmloser, als die masslos entt"auschten, aber bald geb"andigten Kleinb"urger glauben. Deren radikale Fl"ugel werden rasch unterdr"uckt; auch Herr Hitler hat seine Schuldigkeit getan und kann gehn. Es wird keine Revolution sein, so wenig wie die von 1918 eine gewesen ist – Personalb"oen werden sie machen…“
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staatsfeindliche Hetze – агитация, направленная против основ государственного строя, антигосударственная агитация
– „Bitte, klarer. Was sind Personalb"oen?“
– „St"urme in den Wassergl"asern der Ressorts. Abs"agung der unbequemen Regierungssozialisten; Pensionierung von ein paar hundert Konzessionsschulzen, die sich schlecht und recht [23] durchgebuttert hatten, bis zu diesem Augenblick – und die kindlich erstaunt waren, als es nun so weit war. Die Br"uder hatten nie etwas andres gesehen als ‚Realit"aten‘ – also gar nichts. Von der wahren Kr"afteverteilung im Lande f"uhlten sie nichts; hier mussten ihre Informationen versagen, denn statistisch l"asst sich dergleichen nicht erfassen. Die werden verschwinden. Nun wird Deutschland stramm natio-nalliberal.“
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schlecht und recht –
– „Mehr nicht?“
– „Mehr nicht. Mehr ist gar nicht zu erzielen. Das wussten Schacht, Nicolai, selbst Seldte l"angst, ein paar Nazis wussten es auch, br"ullten aber um des liebes Krieges willen [24] mit den andern mit. Aussenpolitisch: eine Art Friede mit denen da draussen; verklausulierte Weiterzahlung der Schmachtribute, nat"urlich… wer kann denn auf den Mond fliegen? Platonische Liebe zu Italien, vergessen S"udtirol; vage Noten an Frankreich, da geht Briand; Hin und Her; Verhandlungen mit England, mit Genf… und an alle: Versprechen der absoluten Bolschewisten-Feindschaft. Das beruhigt ungemein. Was glauben Sie: Deutschland als Hort gegen Russland! Eine sehr sch"one Melodie.“
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um… willen – ради чего-либо, кого-либо
– „Also… innenpolitisch?“
– „Nicht, was Sie denken. Ein paar Zuchthausstrafen… ein paar Roheiten gegen die Juden… gegen eine Handvoll Republikaner… Beschr"ankung des Reichsbanners… Verbot der KPD [25] . – weiter nichts. Ja, und die Beamten werden wieder flegelhaft.“
– „Sozialversicherungen?“
– „Zeitweiser Abbau – aber auch der halb so schlimm in seiner Auswirkung. Das ginge ja gar nicht. Man wird einiges plakatieren und vieles stehen lassen. Was wirklich abgebaut wird, das wird die Kampfkraft der Arbeiter sein. Auch die zahmsten Gewerkschaften werden nichts zu lachen haben.“
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KPD [ka’pe:de] – сокр Kommunistische Partei Deutschlands ист. КПГ, Коммунистическая партия Германии
– „Also… nehmen Sie noch etwas Kaffee, also Jubel im Lande?“
– „Gott, ja. Zun"achst die "ubliche Verwirrung, an der B"orse. Ach, diese Nase der B"orse! Sie riecht alles, was in der Luft liegt – nachher. "Ubrigens ist es ihnen gleich. Die B"orse wird nicht geschlossen werden, und der Kurf"urstendamm, dessen Bewohner sich ein paar Tage "angstlich zu Hause halten oder verreisen, wird nicht gest"urmt. Pogrome? Nein… Dann atmen sie wieder auf. Und alles geht weiter. Eigentlich, werden sie sagen, eigentlich ist ja alles gar nicht so schlimm.“
– „Die Zeitungen?“
– „Alle Obrigkeit kommt von Gott. Man muss sich nicht gegen das Gegebene auflehnen – das bekommt dem Inseratengesch"aft nicht. Es sind Mustersch"uler; sie werden eine gute Zensur bekommen. Nach vier Wochen ist Ruhe im Lande… ‚Wenn auch… so doch immerhin…‘ “
– „Schlafen Sie nicht ein!“
– „Verzeihen Sie: ich sah im Geiste [26] Leitartikel. Geben Sie mir bitte noch etwas Kaffee. Auch in den Provinzst"adten wird man auf die Dauer nicht zufrieden sein. Gewiss, die Jugend ist verhetzter als je [27] , die Studenten hochfahrender, die Umz"uge zahlreicher… aber die Jugend hat im Grunde andre Sorgen. Und dann eben… langsam… die Entt"auschung…“
26
im Geiste – мысленно, в душе
27
als je – чем когда-либо
– „Wor"uber?“
– „Dass Berlin nicht dem Erdboden gleichgemacht [28] ist. Dass die Not andauert. Dass auch jetzt nicht die Arbeitsgelegenheiten aus der Luft geflogen kommen. Dass die Butter nicht billiger wird. Leise, ganz leise kommt die Unzufriedenheit. Davon spricht aber kaum einer.“
– „Die "offentliche Meinung?“
– „Bewusst entpolitisiert, bei einem H"ochstmass von politischen Schlagworten. B"undischer [29] Unfug… Demonstrationen… Fahnen… im "ubrigen lenkt uns eine hochwohlweise Regierung. Das haben die Deutschen immer so gehalten [30] . Verloren ist allerdings, wer in diesen Jahren der Justiz in die Finger f"allt [31] . Mit dem ist es dann aus [32] . Kurz: es ist eine Nachahmung des Fascismus – so, wie sie alles nach-ahmen… wie sie nicht einmal f"ahig sind, sich eine Bewegung f"ur sich und aus sich heraus zu schaffen. Der Marsch auf Rom! Das war ein faszinierender Filmtitel. Auf Berlin marschieren sie gar nicht. Nach Berlin werden sie nur fahren, wenn sie sich von der Mittelstadt erholen wollen. In Berlin fallen sie nicht auf, wenn sie auf die Weiber gehen. Widerstand —? Verzeihung… ich f"uhle, dass Sie das fragen wollen… Widerstand? Nein, den finden sie wohl kaum. Von wem denn auch? Von dem bisschen Republik? Die hat in zw"olf Jahren nicht verstanden, echte Begeisterung zu wecken, Menschen zur Tat zu erziehen, nicht einmal in ruhigen Lagen, wie denn, wenn es Kopf und Kragen zu riskieren gilt? Widerstand? Lieber Herr, das Land ist so weit entfernt von jeder Revolution! Dies ist ein Volk, das noch nicht einmal liberal ist. Die vielgel"asterte Verwestlichung ist gar nicht so tief eingedrungen… sie halten mild"ubert"unchte Korruption f"ur Parlamentarismus, wirres Geschw"atz Aller f"ur Selbstbestimmungsrecht, Ressortstank f"ur Politik, Vereinsmeierei f"ur Demokratie… sie sind nie liberal gewesen, auch 48 nicht. Sie sp"uren nicht, dass die Welt um sie herum anders denkt und anders f"uhlt… sie spielen ihren politischen Skat ohne Partner. Wirft der andre die Karten hin, dann glauben sie, sie h"atten gewonnen. Es ist ein Inselvolk.“
28
dem Erdboden gleichmachen –
29
B"undische Jugend – ист. молодежное движение в Германии (после I Мировой)
30
etw. ist so gehalten – так заведено
31
j-m in die Finger fallen – попасться в руки кому-л.
32
mit j-m ist es aus – ему труба, крышка
– „Die deutschen Br"uder im Ausland?“
– „Werden sich ein paar Unannehmlichkeiten mehr zuziehn. Und das bisschen Kulturfassade, das kleine bisschen deutscher Freiheit – es ist zum Teufel.“
– „Das ist alles?“
– „Das d"urfte alles sein. Ob es geschieht, weiss ich nicht. Wenn aber —: dann so. "Ubrigens… ich bin Hellseher… ich hatte eine Vision: Sie werden mir diese Sitzung honorieren… Ich dachte an hundert Mark?“
– „Hier haben Sie ein Bildnis Hindenburgs. Und lassen Sie sich draussen in der K"uche ein paar Butterbrote geben… Gott befohlen [33] , junger Mann!“
33
Gott befohlen! – с богом!
– „Heissen Dank, gn"adiger Herr. Wenn Sie wieder etwas brauchen: Nepomuk Schachtel, Hellseher und Original-Astrologe mit ff. [34] indischen Erkenntnissen. T"aglich von 9 bis 8, Sonntags geschlossen. Und empfehlen Sie mich in Ihrem werten Bekanntenkreise —!“
I. "Ubers"atzen Sie ins Deutsch:
1. Мы всегда мысленно с вами.
2. Наш город стал красивее, чем когда либо.
3. Когда я напишу книгу, я сразу опубликую свою работу.
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сокр. от folgende (Seiten) следующие страницы
4. Первоначально он жил во Франции, но сейчас переехал в Бельгию.
5. Еще полбеды, что ее уволили, ведь теперь она лишилась вида на жительство (die Aufenthaltserlaubnis).
II. Sagen Sie anders:
1. Das Land ist in Begeisterung.
2. Die Gegenwirkung der Bev"olkerung war stark.
3. Jeder hat sein eigenes Entt"auschung.