Die weisse Massai
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Noch einmal trete ich den unangenehmen Gang zur Mission an. Diesmal "offnet Pater Roberto. Ich berichte von meinem Vorhaben und bitte um die n"achste Mitfahrgelegenheit nach Maralal. H"oflich erwidert er, ich solle in zwei Tagen wiederkommen, dann fahre er viel eicht hinunter.
Vor der Abfahrt erkl"art mir Lketinga, dass er nicht mitkommt. Er wolle Mombasa nie mehr sehen. Ich bin entt"auscht, und doch verstehe ich ihn nach al em, was passiert ist. Wir reden die halbe Nacht, und ich sp"ure seine Angst, ich k"onnte nicht mehr wiederkommen. Auch Mama ist dieser Meinung. Immer wieder verspreche ich, in sp"atestens einer Woche wieder hier zu sein. Am Morgen ist die Stimmung gedr"uckt.
Mir f"al t es schwer, fr"ohlich zu sein.
Eine Stunde sp"ater sitze ich neben Roberto, und wir fahren einen mir unbekannten neuen Weg nach Baragoi im Turkana-Gebiet und erst dann in Richtung Maralal.
Diese Strasse ist nicht so gebirgig, und den Vierradantrieb ben"otigen wir fast nie.
Daf"ur gibt es viele kleine, spitze Steine, die Platten verursachen k"onnen, und die Strecke ist doppelt so lang, also fast vier Stunden bis Maralal. Kurz nach vierzehn Uhr treffen wir dort ein. Ich bedanke mich h"oflich und gehe ins Lodging, um meine Tasche abzustel en. Die Nacht werde ich dort verbringen, weil der Bus erst um sechs Uhr morgens f"ahrt. Zum Zeitvertreib schlendere ich durch Maralal, als ich pl"otzlich meinen Namen h"ore. Erstaunt drehe ich mich um und erblicke zu meiner Freude meinen Retter Tom. Es tut gut, ein bekanntes Gesicht unter den vielen mich dauernd musternden Gesichtern zu entdecken.
Ich erz"ahle ihm von meinem Vorhaben. Er gibt mir zu verstehen, dass es schwer werden wird, weil in Kenia nicht viele gebrauchte Autos angeboten werden. Er werde sich aber umh"oren. Vor zwei Monaten habe jemand in Maralal versucht, seinen Landrover zu verkaufen. Viel eicht sei der noch zu haben. Wir verabreden uns f"ur neunzehn Uhr in meinem Lodging.
Das w"are das beste, was mir passieren k"onnte! Tats"achlich erscheint Tom bereits eine halbe Stunde fr"uher und meint, wir m"ussten sofort diesen Landrover anschauen.
Erwartungsvoll gehe ich mit ihm. Der Landrover ist zwar schon alt, aber genau das, was ich gesucht habe. Ich verhandle mit dem fetten Besitzer, der dem Kikuyu-Stamm angeh"ort. Nach langem Hin und Her einigen wir uns auf 2500 Franken. Ich kann es kaum glauben, versuche aber cool zu bleiben, als wir per Handschlag das Gesch"aft besiegeln. Ich erkl"are ihm, dass das Geld in Mombasa sei und ich in vier Tagen wieder zur"uckk"ame, um das Auto zu bezahlen. Er d"urfe es um keinen Preis weitergeben, ich w"urde mich darauf verlassen. Anzahlen will ich nicht, da der Verk"aufer nicht sehr vertrauensw"urdig wirkt. Mit einem Grinsen versichert er mir, noch vier Tage zu warten. Mein Retter und ich verlassen den Kikuyu und gehen essen. Gl"ucklich dar"uber, einige Sorgen weniger zu haben, verspreche ich ihm, ihn und seine Frau einmal auf eine Safari einzuladen.
Die Reise nach Mombasa verl"auft ohne Schwierigkeiten. Priscilla freut sich riesig, als ich im Vil age auftauche. Wir erz"ahlen uns viel. "Uber meine Mitteilung jedoch, dass ich mein H"auschen hier aufl"osen und f"ur immer zu den Samburus ziehen will, ist sie traurig und auch etwas besorgt. Alles, was ich nicht mitnehmen kann, schenke ich ihr, sogar mein wunderbares Bett.
Bereits am n"achsten Morgen fahre ich nach Mombasa. Dort hebe ich den n"otigen Geldbetrag ab, was nicht einfach ist. So ein Bankgesch"aft erfordert viel Geduld.
Nach fast zwei Stunden bin ich im Besitz eine grossen Menge von Geldscheinen, die ich an mir zu verstecken versuche. Auch der Banker meint, ich solle bloss aufpassen, das sei ein Riesenverm"ogen hier, und f"ur so viel Geld sei schnell ein Mord passiert.
Mir ist nicht wohl, als ich die Bank verlasse, weil viele wartende Menschen mich beobachtet haben. "Uber der einen Schulter trage ich die schwere Reisetasche, gef"ullt mit den restlichen Kleidern aus Mombasa. In der rechten Hand halte ich einen Schlagstock, wie ich es von Rambo-Jutta gelernt habe. Im Notfall w"urde ich ihn sofort gebrauchen. St"andig wechsle ich die Strassenseite, um feststel en zu k"onnen, ob mir jemand aus der Bank folgt. Erst nach etwa einer Stunde traue ich mich, den Busbahnhof aufzusuchen, um das Ticket f"ur den Nachtbus nach Nairobi zu l"osen.
Danach gehe ich zur"uck ins Zentrum und setze mich ins Hotel Castel. Es ist das teuerste in Mombasa und steht unter Schweizer Leitung. Endlich kann ich wieder einmal europ"aisch essen, al erdings zu gigantischen Preisen. Aber was soll's, ich weiss nicht, wann ich das n"achste Mal wieder zu Salat oder Pommes frites komme.
P"unktlich f"ahrt der Bus ab, und ich freue mich, bald wieder zu Hause zu sein und Lketinga zu beweisen, dass er mir vertrauen kann. Nach nur gut eineinhalb Stunden macht der Bus einen Schlenker und steht kurz darauf bockstill. Es wird laut, al e sprechen durcheinander. Der Fahrer stellt fest, dass der Bus am Hinterrad einen Platten hat. Nun steigen al e aus. Einige setzen sich an den Strassenrand und holen T"ucher oder Wolldecken hervor. Es ist stockfinster, weit und breit keine Siedlung. Ich spreche einen Mann mit Brille auf Englisch an, da ich annehme, einer mit Goldbrille spricht diese Sprache. Tats"achlich versteht er mich und meint, es k"onnte l"anger dauern, da auch das Reserverad kaputt sei und wir nun warten m"ussten, bis ein Fahrzeug aus der anderen Richtung kommt, um jemanden nach Mombasa mitzunehmen. Dieser sol veranlassen, dass ein Ersatzreifen hergeschickt wird.
Das kann doch nicht wahr sein, dass ein rappelvoller Bus ohne intakten Ersatzreifen in der Nacht auf eine so lange Strecke geschickt wird! Die meisten scheint es nicht sonderlich zu st"oren. Sie sitzen oder liegen einfach am Strassenrand.
Es ist kalt, und ich friere. Nach einer dreiviertel Stunde kommt endlich aus der anderen Richtung ein Fahrzeug. Unser Fahrer stellt sich auf die Strasse und fuchtelt wild mit den Armen. Der Wagen h"alt, ein Mann steigt ein. Nun heisst es wieder warten, mindestens drei Stunden, da wir ja schon eineinhalb Stunden unterwegs waren.
Beim Gedanken an meine lange Heimfahrt werde ich panisch. Ich nehme meine Tasche und stelle mich entschlossen auf die Fahrbahn, um das n"achste Auto anzuhalten. Es dauert nicht lange, bis ich in der Ferne zwei helle Scheinwerfer sehe.
Ich winke wie verr"uckt. Ein Mann gibt mir eine Taschenlampe und sagt, ohne sie sei ich tot. Am Lichtpegel erkenne er, dass es ein Bus sei. Tats"achlich quietschen kurz vor mir die Reifen, und ein Bus der Maraika-Safari h"alt. Ich erkl"are, dass ich so schnel wie m"oglich nach Nairobi m"usse und frage, ob ich mitfahren d"urfe. Es scheint ein indisches Unternehmen zu sein, denn im Bus sind die meisten der Fahrg"aste Inder. Nachdem ich nochmals den Fahrpreis entrichtet habe, kann ich mitfahren. Gott sei Dank bin ich mit meinem vielen Geld von der dunklen Strasse weg. Ich d"ose vor mich hin und habe vermutlich schon geschlafen, als es in dem ruhigen Bus wieder laut wird. Verschlafen sp"ahe ich nach draussen in die Finsternis und stel e fest, dass der Bus ebenfalls am Strassenrand steht. Viele Mitfahrer sind schon ausgestiegen und stehen herum. Ich klettere heraus und schaue auf die Reifen. Alle sind okay.
Erst jetzt bemerke ich die offene Motorhaube und erfahre, der Keilriemen sei gerissen. „Was passiert jetzt?“ will ich von jemandem wissen. Es sei schwierig, wir seien noch gut zwei Stunden von Nairobi entfernt, und die Werkst"atten "offneten erst um sieben Uhr. Nur dort k"onne man Ersatz finden. Damit er meine aufsteigenden Tr"anen nicht sieht, wende ich mich ab.
In ein und derselben Nacht stecke ich auf dieser verdammten Strasse mit zwei verschiedenen Bussen fest! Heute ist bereits der dritte Tag, und ich muss um sieben Uhr morgens den Bus in Nairobi nach Nyahururu erreichen, damit ich am vierten Tag den einzigen Bus nach Maralal erwische, sonst muss ich damit rechnen, dass der Kikuyu mein reserviertes Auto weiterverkauft. Ich bin verzweifelt "uber so viel Pech, das mir ausgerechnet dann passiert, wenn jede Stunde z"ahlt. Laufend h"ammert es in meinem Kopf: Ich muss Nairobi vor dem Morgen erreichen!