Die weisse Massai
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Zuerst fahren wir mit dem Bus nach Nairobi. Diesmal st"ort mich die achtst"undige Busfahrt "uberhaupt nicht. Ich bin gespannt auf die Gegend, aus der mein Massai stammt, und mit jeder Stunde kommen wir dem Ziel n"aher. In Nairobi hat Jutta wieder einiges zu erledigen, und so h"angen wir drei Tage im Igbol-Lodging, einem Tramper-Hotel, herum. Aus al er Welt kommen die Tramper hierher und unterscheiden sich sehr von den Mombasa-Touristen. "Uberhaupt ist Nairobi v"ollig anders. Alles ist hektischer, und man sieht viele verst"ummelte Menschen und Bettler.
Da wir mitten in der „Szene“ unser Lodging haben, sehe ich auch, wie die Prostitution bl"uht. Am Abend lockt eine Bar neben der anderen mit Suaheli-Musik. Fast jede Frau in den Lokalen verkauft sich, sei es f"ur einige Biere oder f"ur Geld. Hauptkunden in dieser Gegend sind Einheimische. Es ist laut und doch irgendwie faszinierend. Wir zwei weissen Frauen fallen sehr auf, und al e f"unf Minuten fragt jemand, ob wir einen
„boyfriend“ suchen. Zum Gl"uck kann uns Jutta in Suaheli energisch verteidigen.
Nachts geht sie in Nairobi nur mit einem Rungu, dem Schlagstock der Massai, auf die Strasse, weil es sonst zu gef"ahrlich ist.
Am dritten Tag flehe ich Jutta an, endlich weiterzureisen. Sie wil igt ein, und wir besteigen mittags den n"achsten Bus in Richtung Nyahururu. Dieser Bus ist noch viel verlotterter als der in Mombasa, der ja auch nicht gerade ein Luxusliner war. Jutta lacht nur: „Wart ab, bis wir den n"achsten nehmen, da wirst du dich wundern! Dieser hier ist okay.“ Wir sitzen eine Stunde im Bus, bis er voll bepackt und restlos ausgebucht ist, denn vorher wird nicht gestartet. Wieder liegen sechs Stunden Fahrt, immer leicht bergauf, vor uns. Ab und zu h"alt der Bus, einige Menschen steigen aus und andere zu. Nat"urlich hat jeder Berge von Hausrat dabei, der ab- oder aufgeladen wird.
Endlich sind wir am heutigen Ziel: Nyahururu. Wir schleppen uns zum n"achsten Lodging und mieten ein Zimmer. Wir essen noch und gehen schlafen, da ich nicht mehr sitzen kann. Ich bin froh, endlich meine Knochen ausstrecken zu k"onnen, und schlafe sofort ein. Am Morgen um sechs Uhr m"ussen wir aufstehen, denn um sieben Uhr f"ahrt der einzige Bus nach Maralal. Als wir hinkommen, ist er schon fast voll. Im Bus sehe ich einige Massai-Krieger und f"uhle mich nicht mehr so fremd. Aber wir werden sehr genau gemustert, denn auf allen Fahrten sind wir die einzigen Weissen.
Der Bus ist wirklich eine Katastrophe. "Uberall springen die Federn aus den Sitzen oder quillt der dreckige Schaumstoff heraus, einige Fensterscheiben fehlen. Zudem herrscht ein ziemliches Chaos. Man muss "uber diverse Schachteln steigen, in denen H"uhner deponiert sind. Andererseits ist es der erste Bus, in dem gute Stimmung herrscht. Es wird viel geredet und gelacht. Jutta springt noch einmal hinaus und holt an einem der zahlreichen Verkaufsst"ande etwas zu trinken. Sie kommt zur"uck und reicht mir eine Colaflasche. „Hier, nimm sie und geniesse sie sparsam, du wirst sehr durstig werden. Diese letzte Strecke ist staubig, denn wir fahren auf Naturstrassen.
Bis Maralal gibt es nur noch Busch und Ein"ode.“ Der Bus f"ahrt los, und nach etwa zehn Minuten verlassen wir die geteerte Strasse und holpern nun "uber einen roten, l"ochrigen Weg.
Augenblicklich ist das Gef"ahrt in eine Staubwolke geh"ullt. Wer eine Scheibe im Fenster hat, schliesst sie, die anderen ziehen sich T"ucher oder M"utzen "uber. Ich huste und kneife die Augen zusammen. Jetzt weiss ich, warum nur noch die hinteren Pl"atze frei waren. Der Bus f"ahrt langsam, und trotzdem muss ich mich st"andig festhalten, damit ich nicht vorrutsche, da er durch die riesigen Schlagl"ocher hin- und herschaukelt. „He, Jutta, wie lange geht das so?“ Sie lacht: „Wenn wir keine Panne haben, etwa vier bis f"unf Stunden, obwohl es nur 120 Kilometer sind.“ Ich bin entsetzt, und nur der Gedanke an Lketinga l"asst mich diese Strecke als halbwegs romantisch erleben.
Ab und zu sehen wir in einiger Entfernung Manyattas, dann wieder lange nichts ausser Ein"ode, roter Erde und hin und wieder einem Baum. Manchmal tauchen Kinder mit einigen Ziegen und K"uhen auf und winken dem Bus zu. Sie sind mit ihrer Herde unterwegs auf Nahrungssuche.
Nach etwa anderthalb Stunden h"alt der Bus zum erstenmal. Links und rechts der Strasse stehen einige Bretterbuden. Auch zwei kleinere L"aden ersp"ahe ich, die Bananen, Tomaten und andere Kleinigkeiten feilbieten. Kinder und Frauen st"urzen an die Scheiben und versuchen, in der kurzen Pause etwas zu verkaufen. Einige der Fahrg"aste decken sich mit Nahrung ein, und schon schaukelt der Bus weiter.
Ausgestiegen ist niemand, daf"ur sind drei weitere geschm"uckte Krieger hinzugekommen. Jeder tr"agt zwei lange Speere. Als ich die drei mustere, bin ich mir sicher, dass ich Lketinga bald finden werde. „Beim n"achsten Halt sind wir in Maralal“, sagt Jutta m"ude. Ich bin ebenfalls ersch"opft von der ewigen Rumpelei auf der grauenhaften Strasse. Bis jetzt h"atten wir Gl"uck gehabt, denn wir hatten weder einen Platten noch einen Motorschaden, das w"are sonst nichts Aussergew"ohnliches, und ausserdem sei die Strasse trocken. Bei Regen sei die rote Erde nur noch Schlamm, erz"ahlt Jutta.
Nach weiteren eineinhalb Stunden sind wir endlich in Maralal. Der Bus f"ahrt hupend ein und dreht zuerst eine Runde durch das Dorf, das nur eine Strasse hat, bevor er am Eingang des Dorfes parkt. Sofort ist er von Dutzenden von Neugierigen umlagert. Wir steigen auf die staubige Strasse und sind selbst von Kopf bis Fuss gepudert. Um den Bus dr"angen sich Menschen jeden Alters, und ein richtiger Tumult entsteht. Wir warten auf unsere Reisetaschen, die unter diversen Kisten, Matratzen und K"orben liegen. Beim Anblick dieses D"orfchens und seiner Bewohner ergreift mich die Abenteuerlust.
Etwa f"unfzig Meter neben der Haltestelle befindet sich ein kleiner Markt. "Uberall h"angen farbige T"ucher, die in der Luft flattern. Berge von Kleidern und Schuhen liegen auf Plastikbahnen. Davor sitzen fast nur Frauen und versuchen, etwas zu verkaufen.
Endlich erhalten wir unsere Taschen. Jutta schl"agt vor, zuerst einmal Tee zu trinken und etwas zu essen, bevor wir zu ihrem H"auschen marschieren, das etwa eine Stunde Fussweg entfernt liegt. Hunderte von Augenpaaren folgen uns zum Lodging. Jutta wird von der Inhaberin, einer Kikuyu-Frau, begr"usst. Man kennt Jutta, da sie seit drei Monaten an einem Hausbau in der N"ahe beteiligt ist und ausserdem als Weisse in dieser Umgebung nicht zu "ubersehen ist.