Die weisse Massai
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Doch ich kenne nur dieses Quartier und bestehe darauf, dort abgeladen zu werden.
Der eine der Inder, offensichtlich der wichtigere von ihnen, steckt mir seine Visitenkarte zu, ich sol e morgen um neun Uhr anrufen, sein Chauffeur werde mich abholen. Ich weiss gar nicht, wie mir geschieht und bedanke mich "uberschwenglich.
Im Igbol kommen mir al m"ahlich Zweifel, ob ich das al es bezahlen kann, denn ich habe gerade etwa 1000 Franken bei mir. Mehr Geld hatte ich nicht zu Hause und dieses auch nur, weil wir die Disco veranstaltet hatten. Ich wickle Napirai, und wir gehen hinunter ins Restaurant. Es ist schwierig, mit ihr am Tisch zu essen. Entweder reisst sie alles herunter oder will am Boden krabbeln. Seit sie das Krabbeln entdeckt hat, fegt sie in Windeseile "uber den Boden. Hier ist al es so schmutzig, dass ich sie nicht herunterlassen will. Aber sie zappelt und schreit so lange, bis sie ihren Willen durchsetzt. In kurzer Zeit steht sie vor Dreck, und die Einheimischen begreifen nicht, warum ich das zulasse. Daf"ur haben einige weisse Reisende ihre hel e Freude, wenn sie sich unter den Tischen durchzw"angt. Sie ist jedenfalls zufrieden und ich auch.
Zur"uck auf dem Zimmer s"aubere ich sie gr"undlich im Waschbecken. Um selbst duschen zu k"onnen, muss ich warten, bis sie endlich eingeschlafen ist.
Am n"achsten Tag regnet es in Str"omen. Um halb neun stelle ich mich in die wartende Schlange vor den Telefonzellen. Wir sind nass bis auf die Knochen, als uns eine Frau vorl"asst. Ich erreiche den Inder auf Anhieb und gebe ihm den Standort durch, Odeon Cinema. In zwanzig Minuten sei sein Chauffeur mit einem Wagen bei uns. Schnell renne ich ins Igbol zur"uck, um die Kleider zu wechseln. Mein M"adchen ist sehr tapfer. Sie weint nicht, obwohl sie v"ol ig durchn"asst ist. Beim Odeon Cinema erwartet uns der Chauffeur, und wir fahren in ein Industriegebiet, wo wir in ein feudales B"uro gef"uhrt werden. Hinter dem Schreibtisch l"achelt uns der nette Inder entgegen und fragt sofort, ob alles ohne Probleme verlaufen sei. Er telefoniert, und schon steht der afrikanische Mechaniker von gestern da. Er gibt ihm einige Adressen, die er mit uns abfahren sol, um die ben"otigten Ersatzteile zu suchen. Auf seine Frage, ob ich gen"ugend Geld dabei habe, antworte ich: „I hope so!“
Wir fahren kreuz und quer durch Nairobi. Bis zum Mittag finden wir die Kupplungsteile f"ur nur 150 Franken. Napirai und ich sitzen hinten im Wagen. Da der Regen aufgeh"ort hat und die Sonne wieder scheint, wird es schnell heiss im Wagen.
Aber ich darf die Fenster nicht "offnen, da wir zum Teil in den "ubelsten Gegenden von Nairobi umherkurven. Der Fahrer versucht immer wieder sein Gl"uck, doch er wird nicht f"undig. Napirai schwitzt und heult. Sie hat genug vom Autofahren, und wir sind nun schon sechs Stunden ununterbrochen im Wagen, als der Mechaniker erkl"art, es sei hoffnungslos, dieses Teil noch zu finden. Um f"unf schliessen heute al e Gesch"afte, da morgen Karfreitag ist. Ostern habe ich v"ollig vergessen! Ahnungslos frage ich ihn, wann denn wieder ge"offnet wird. Die Werkst"atten seien bis Dienstag zu, ist die Antwort. Nun ergreift mich blankes Entsetzen, so lange allein mit Napirai in dieser Stadt bleiben zu m"ussen. Lketinga wird durchdrehen, wenn ich eine Woche fort bin.
Wir beschliessen, zum B"uro des Inders zu fahren.
Der freundliche Inder ist sehr betr"ubt "uber meine Schwierigkeiten. Er schaut sich den ausgeleierten Kugelkopf der Schaltung an und fragt den Mechaniker, ob man ihn nicht reparieren k"onne. Dieser verneint, wohl auch, weil er Feierabend haben wil.
Wieder telefoniert der Inder. Ein anderer Mann mit Sch"urze und Schutzbril e erscheint im T"urrahmen. Der Inder gibt Anweisung, die ausgeleierten Stellen zu schleifen und zu schweissen. Energisch teilt er dem verbl"ufften Mann mit, dass er al es in einer halben Stunde fertig zur"uckhaben wolle, da er verreisen muss und auch ich nicht l"anger warten kann. Mir gibt er l"achelnd zu verstehen, in einer halben Stunde k"onne ich nach Hause reisen.
Ich bedanke mich sehr und frage nach den Unkosten. H"oflich winkt er ab. Ich k"onne ihn immer anrufen, wenn ich Probleme habe. Es sei ihm eine Freude, mir behilflich zu sein. Wenn ich wieder in Barsaloi bin, soll ich zum Bauf"uhrer gehen. Er wird sich darum k"ummern, dass alles eingebaut wird, er ist informiert. Ich kann kaum glauben, dass mir auf einmal kostenlos geholfen wird, und das in solch einem Ausmass! Kurze Zeit sp"ater verlasse ich sein B"uro. Die Teile sind sehr schwer, doch ich bin stolz auf den Erfolg. Noch am Abend reise ich bis Nyahururu, damit ich am n"achsten Morgen den Bus nach Maralal erreiche. Das Schleppen der zwei Taschen mit Napirai auf dem R"ucken f"al t mir schwer.
In Maralal weiss ich nicht, wie ich nach Barsaloi komme. Ersch"opft gehe ich ins Lodging, um nach der anstrengenden, staubigen Reise etwas zu trinken und zu essen. Dann muss ich wieder einige Dutzend Windeln sowie Napirai und mich selbst waschen. Todm"ude falle ich ins Bett. Morgens frage ich "uberall nach, ob jemand nach Barsaloi f"ahrt.
Bei meinem Grossh"andler erfahre ich, dass ein Lastwagen zu den Somalis f"ahrt.
Doch einen Laster will ich Napirai und mir nach diesen Strapazen nicht zumuten. Ich warte, da ich einen Boy treffe, der gerade zu Fuss von Barsaloi gekommen ist und mir mitteilt, dass Pater Roberto morgen in Maralal die Post abholt. Erwartungsvoll packe ich am n"achsten Tag im Lodging meine Sachen zusammen, um neben der Post Stel ung zu beziehen. Geschlagene vier Stunden harre ich am Strassenrand aus, bis ich endlich den weissen Missionswagen erblicke. Freudig gehe ich auf Roberto zu, um mit ihm nach Hause zu fahren. Dies sei kein Problem, meint er, er fahre in etwa zwei Stunden zur"uck.
Zuspitzung
In Barsaloi klettere ich aus dem Wagen und sehe meinen Mann mit Riesenschritten auf mich zukommen. Er begr"usst mich k"uhl und fragt, warum ich erst jetzt zur"uckkomme. Was heisst erst jetzt? Ich bin auf dem schnel sten Weg hierher gekommen, gebe ich ihm gereizt und entt"auscht zur"uck. Kein Wort, ob alles geklappt hat. Warum ich nochmals in Maralal "ubernachten musste? Wen ich wieder getroffen habe? Fragen "uber Fragen, nur kein Lob ernte ich. Mir ist es peinlich, in Gegenwart von Pater Roberto so misstrauische Fragen zu beantworten. Ich laufe mit Napirai nach Hause. Zumindest schleppt er die Tasche, die selbst ihn fast zu Boden dr"uckt.
Sein Blick ist lauernd, als er mit Fragen weiterbohrt. Kurz bevor ich vor Wut und Entt"auschung explodiere, tritt James mit seinem Freund fr"ohlich ins Haus.
Wenigstens er will wissen, wie al es gelaufen ist. Er fand es mutig, dass ich so spontan mit dem Flugzeug weggeflogen bin. Leider war er am Fluss, um seine Kleider zu waschen, als er von der Safari h"orte. Er w"are so gerne mitgeflogen, sein gr"osster Wunsch sei, einmal zu fliegen.
Seine Worte tun mir gut, und ich beruhige mich. Die Burschen kochen Chai f"ur mich. Sie erz"ahlen und erz"ahlen, w"ahrend Lketinga das Haus verl"asst, obwohl es dunkel ist. Ich frage James, was denn mein Mann gesagt hat, als er wiederkam und feststellte, dass ich weg war. L"achelnd versucht er mir zu erkl"aren, ich m"usse verstehen, dass diese Generation kein Verst"andnis f"ur selbst"andige Frauen habe und kein Vertrauen kenne. Lketinga dachte, ich sei mit Napirai abgehauen und komme nicht wieder. Ich verstehe es nicht, obwohl ich langsam Grund h"atte davonzulaufen.
Doch wohin? Napirai braucht doch auch ihren Vater!
James reisst mich aus meinen d"usteren Gedanken, indem er fragt, wann wir endlich mit dem Shop starten. Er w"urde so gerne arbeiten und auch etwas Geld verdienen.
Ja, wir m"ussen nun wirklich zu Geld kommen, sonst frisst uns der Wagen auf. Sobald der Datsun repariert ist, starten wir nochmals mit dem Shop, diesmal sehr feudal mit Kleidern und Schuhen sowie Soda und Bier. Jetzt ist sicher gut Geld zu machen, solange die Arbeiter von Nairobi hier sind. Sp"ater werden es fremde Lehrer mit ihren Familien sein. Mit James als Verk"aufer sehe ich eine gute Chance. Allerdings erkl"are ich ihm deutlich, dass es mein letzter Versuch und mein letztes Geld ist, das ich investieren werde. Die Euphorie der Boys steckt mich an, und ich vergesse den Kummer, den ich in letzter Zeit wegen Lketinga einstecken musste. Als er heimkommt, ziehen die Boys ab.
Freiwillig geht Lketinga am n"achsten Morgen zu den Arbeitern hin"uber und berichtet, dass die Ersatzteile zum Einbauen bereit sind. Nach der Arbeit erscheint ein Mechaniker und hantiert an unserem Wagen. Allerdings gelingt es ihm nicht, am selben Tag alles einzubauen. Erst nach drei Tagen f"ahrt unser Luxuswagen wieder.
Nun k"onnen wir mit dem Laden erneut starten. Wir brechen zu viert auf. Voller Freude h"alt James Napirai. Er wird einfach niemals m"ude, mit ihr zu spielen.
In Maralal schaue ich zuerst bei der Bank nach, ob meine letzten 4000 Franken auf dem Konto eingetroffen sind. Der Banker bedauert, das Geld sei noch nicht da, doch am n"achsten Tag trifft es ein, und wir beginnen mit dem Einkauf: Nat"urlich zuerst wieder eine Tonne Mais und Zucker, dann Gem"use und Fr"uchte, soviel ich auftreiben kann. Den Rest investiere ich in Kleider, Schuhe, Tabak, Plastikbecken, Wasserkanister, einfach alles, was sich mit gutem Profit verkaufen l"asst. Ja, sogar zwanzig Laib Brot nehme ich mit. Den letzten Schil ing gebe ich aus, um ihn eventuel zu verdoppeln.