Die weisse Massai
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Die Er"offnung wird zum Ereignis. Von nah und fern kommen die Leute. Die Kangas und Kleider sowie die Wasserkanister sind nach zwei Tagen ausverkauft. Gem"use, Reis und Kartoffeln kaufen die Arbeiter von der Schule zehn- oder zwanzigkiloweise.
Es geht fast wie in einem kleinen Busch-Supermarkt zu. In diesen ersten Tagen sind wir gl"ucklich, stolz und zufrieden, wenn auch immer sehr m"ude. James ist so eifrig, dass er mich bittet, in den Shop einziehen zu d"urfen, damit er morgens fr"uher anfangen kann.
Bier bieten wir nicht "offentlich an, sondern nur versteckt, ich will keinen "Arger haben. Die paar K"asten sind meistens nach zwei Tagen ausverkauft. Da ich nicht m"ochte, dass wir l"anger als ein oder zwei Tage ohne Waren sind, f"uhle ich mich f"ur den Nachschub verantwortlich. Mit den Einnahmen besorge ich gleich die n"achsten Kleider, da die Leute von der Schule viele Hemden und Hosen ben"otigen. Alle drei Wochen fahre ich speziel f"ur diesen Zweck bis nach Nanyuki, wo ein grosser Kleidermarkt stattfindet. Die Frauen- und Kinderkleider lassen sich wie warme Semmeln verkaufen. Ich nehme diesbez"uglich auch Bestellungen entgegen. Es ist verwunderlich, wie die Leute pl"otzlich zu Geld gekommen sind. Zum Teil sicher durch die Schule, wo viele einen Job gefunden haben.
Das Gesch"aft bl"uht, und f"ur viele Arbeiter ist der Laden zum Treffpunkt geworden.
Am Anfang l"auft es gut, bis Lketinga wieder seine Eifersuchtsanf"alle bekommt.
Morgens bin ich nie im Laden, weil ich zuerst den Haushalt erledigen muss. Erst nachmittags spaziere ich mit Napirai zum Shop. Mit den Boys ist es meistens lustig.
Auch Napirai geniesst es, im Mittelpunkt zu stehen, denn es sind immer Kinder hier, die sie umhertragen oder mit ihr spielen. Nur mein Mann sieht es nicht gerne, wenn ich fr"ohlich bin, da er meint, mit ihm lache ich nie. Das liegt an seinem Misstrauen, das er jedem entgegenbringt, der sich nur f"unf Minuten mit mir unterh"alt. Zuerst richtet er es gegen die Arbeiter, die sich t"aglich bei uns treffen. Es kommt vor, dass er den einen oder anderen nicht mehr in den Shop l"asst oder vor mir behauptet, dieser komme nur wegen mir, seiner Frau. Das bringt mich in Verlegenheit, und ich verlasse jedesmal den Shop. Auch James ist machtlos gegen"uber seinem "alteren Bruder und den unbegr"undeten Szenen.
Wir streiten immer "ofter, und ich ertappe mich bei dem Gedanken, dass ich so nicht bis an mein Lebensende weitermachen will. Wir arbeiten, und er steht da und motzt die Leute oder mich an, wenn er nicht gerade zu Hause mit einigen Kriegern eine Ziege schlachtet und ich sp"ater den Boden vol Blut und Knochen vorfinde.
Ein- bis zweimal w"ochentlich fahre ich nach Baragoi, das wesentlich n"aher liegt als Maralal, um die fehlenden Lebensmittel zu ersetzen. Wieder einmal fehlt Zucker, da ein grosses Hochzeitsfest eines Kriegers bevorsteht. Er allein will dreihundert Kilo kaufen und m"ochte ihn gegen Aufpreis in einen entlegenen Kral gebracht haben. Es ist kurz nach Mittag, und ich hetze los. Ein Weg dauert nur etwa eineinhalb Stunden.
Ohne Probleme erreiche ich Baragoi. Ich kaufe nur sechshundert Kilo Zucker, da ich immerhin zwei Fl"usse "uberqueren muss und meinen Wagen nicht unn"otig strapazieren wil.
Das Auto ist beladen, und ich wil starten. Doch der Motor springt nicht an, und nach einigen Versuchen funktioniert gar nichts mehr. Innerhalb kurzer Zeit bin ich von Turkana-Leuten umgeben, die al e neugierig in den Wagen schauen. Der Besitzer des Shops kommt heraus und fragt nach meinem Problem. Einige versuchen, den Wagen anzuschieben, doch auch dieser Versuch scheitert. Der Ladenbesitzer schl"agt vor, ich solle etwa dreihundert Meter weiter unten nach einem Zelt Ausschau halten, denn da seien andere Mzungus, die ein Fahrzeug haben.
Tats"achlich treffe ich auf ein junges englisches Paar, dem ich mein Problem schildere. Der Mann packt einen Werkzeugkasten und untersucht mein Auto. Schnel stel t er fest, dass die Batterie v"ollig leer ist. Er probiert einiges, doch ohne Erfolg. Als ich erkl"are, dass ich heute noch nach Barsaloi muss, da ich ein Baby zu Hause habe, bietet er mir an, mir die Batterie aus seinem Wagen zu leihen. Da sie aber in zwei Tagen nach Nairobi aufbrechen wol en, muss ich versprechen, sie bis dahin zur"uckzubringen. Beeindruckt von diesem Vertrauen versichere ich, rechtzeitig zur"uckzukommen. Meine defekte Batterie lasse ich da.
Zu Hause erz"ahle ich meinem Mann, was vorgefal en ist, da er wieder misstrauisch nachfragt, warum ich so lange weg war. Nat"urlich bin ich auch sehr betr"ubt, weil schon wieder eine Ausgabe f"allig ist und unser erwirtschaftetes Geld st"andig im Auto verschwindet. Als n"achstes brauche ich dringend vier neue Reifen. Es ist zum Verzweifeln, wir kommen so auf keinen gr"unen Zweig, und mir graut davor, morgen schon wieder nach Maralal zu fahren.
Da kommt mir ein gl"ucklicher Zufall zu Hilfe, denn ein Wagen der Bauarbeiter f"ahrt hinunter, um Lebensmittel und Bier zu holen. Ich bitte Lketinga, mitzufahren und die Batterie mitzunehmen. In Maralal sol er eine neue besorgen und mit dem "offentlichen Matatu nach Baragoi zu den Engl"andern fahren. Sie werden ihn sicherlich bis Barsaloi zur"uckbringen.
Eindringlich erkl"are ich ihm, wie wichtig es ist, dass diese Leute morgen ihre Batterie zur"uckbekommen. Er versichert mir, dass das kein Problem sei, und f"ahrt im Landrover der Arbeiter durch den Urwald nach Maralal mit. Ich bin beunruhigt, ob alles klappt, aber er hat es mir fest versprochen und war auch richtig stolz, dass er etwas Wichtiges al ein erledigen soll. Er muss einmal "ubernachten und fr"uhmorgens das einzige Matatu nach Baragoi nehmen.
Ich bin zu Hause und sp"ater im Shop, um James beim Verkauf des Zuckers zu helfen. Jeden Moment erwarten wir Lketinga zur"uck. Doch es wird neun Uhr abends, ehe wir in der Ferne endlich Licht entdecken. Beruhigt koche ich Chai, damit er gleich etwas zu trinken bekommt. Nach einer weiteren halben Stunde h"alt der Landrover der Engl"ander unten bei unserem Shop. Ich eile zu ihnen und frage erstaunt, wo mein Mann sei. Der junge Mann sieht mich ver"argert an und meint, er wisse nicht, wer mein Mann sei, doch er wolle seine Batterie haben, denn sie m"ussen heute noch auf den Weg nach Nairobi, morgen abend geht ihr Flug nach England. Mir wird ganz elend, und ich sch"ame mich, dass mein Versprechen nicht eingehalten wurde.
Es ist mir sehr unangenehm, ihnen mitteilen zu m"ussen, dass die Batterie mit meinem Mann unterwegs sei und er heute eigentlich in Baragoi bei ihnen vorbeikommen sol te. Der Engl"ander regt sich nat"urlich auf. Jetzt hat er unsere alte Batterie eingesetzt, doch diese funktioniert nur solange, bis sie erneut leer ist, denn sie l"adt sich nicht mehr auf.
Ich bin verzweifelt und w"utend auf Lketinga. Das Matatu sei wohl gekommen, aber kein Krieger sei dabei gewesen. Es ist mittlerweile halb zehn, und ich biete ihnen Tee an, um gemeinsam zu "uberlegen, was zu tun ist.
W"ahrend wir den Tee trinken, h"ore ich das Motorenger"ausch eines Lasters. Er h"alt auf der H"ohe unseres Hauses. Gleich darauf kommt Lketinga daher. Keuchend stellt er die beiden schweren Stromspeicher auf den Boden. Ich fahre ihn an, wo er so lange war, diese Leute wollten schon l"angst weiterfahren. Missmutig wechselt der Engl"ander die Batterien, und kurz darauf sind sie weg. Ich bin zornig, weil ich mich von Lketinga im Stich gelassen f"uhle. Er behauptet, das Matatu verpasst zu haben, doch ich rieche eine Alkoholfahne. Geld hat er auch keines mehr, im Gegenteil, er braucht noch 150 Franken, um den Fahrer des Lastwagens zu bezahlen. Mir verschl"agt es fast die Sprache "uber soviel R"ucksichtslosigkeit. Die Batterie hat bereits 350 Franken gekostet, und jetzt das noch dazu, nur weil er in den Bars Bier getrunken hat und deswegen den billigen, "offentlichen Bus verpasste. Das bedeutet, der gesamte Gewinn dieses und des n"achsten Monats ist schon wieder weg.