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Lebens-Ansichten des Katers Murr / Житейские воззрения кота Мурра
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Die Stimmen verhallten, der Furst erfuhr daher nicht, wofur ihn sein Hofmarschall hielt, denn kein anderer als dieser und sein Bruder, der Oberjagermeister, waren die Personen, welche aus dem Hause schlichen und das verfangliche Gesprach fuhrten. Der Furst hatte beide sehr genau an der Sprache erkannt.

Man kann denken, dass der Furst nichts Angelegentlicheres zu tun hatte, als jenen Menschen, jenen gefahrlichen Hexenmeister aufzusuchen, dessen Bekanntschaft ihm entzogen werden sollte. Er klopfte an das Hauschen, die Witwe trat mit einem Licht in der Hand heraus und fragte, da sie den runden Hut und den grauen Oberrock des Fursten gewahrte, mit kalter Hoflichkeit: Was steht zu Ihren Diensten, Monsieur? Monsieur wurde namlich der Furst angeredet, wenn er verkleidet war und unkenntlich. Der Furst erkundigte sich nach dem Fremden, der bei der Witwe eingekehrt sein sollte, und erfuhr, dass der Fremde kein anderer sei, als ein sehr geschickter, beruhmter, mit vielen Attestaten, Konzessionen und Privilegien versehener Taschenspieler, der hier seine Kunste zu produzieren gedenke. Soeben, erzahlte die Witwe, waren zwei Herrn vom Hofe bei ihm gewesen, die er, vermoge der ganz unerklarlichen Sachen, welche er ihnen vorgemacht, dermassen in Erstaunen gesetzt, dass sie ganz blass, verstort, ja ganz ausser sich, das Haus verlassen hatten.

Ohne weiteres liess sich der Furst hinauf fuhren. Meister Abraham (niemand anders war der beruhmte Taschenspieler) empfing ihn wie einen, den er langst erwartet, und verschloss die Ture.

Niemand weiss, was nun Meister Abraham begonnen, gewiss ist es aber, dass der Furst die ganze Nacht uber bei ihm blieb, und dass am andern Morgen Zimmer eingerichtet wurden auf dem Schlosse, die Meister Abraham bezog, und zu denen der Furst aus seinem Studierzimmer mittels eines geheimen Ganges unbemerkt gelangen konnte. Gewiss ist es ferner, dass der Furst den Hofmarschall nicht mehr mon cher ami nannte, und sich von dem Oberjagermeister niemals mehr die wunderbare Jagdgeschichte von dem weissen gehornten Hasen, den er (der Oberjagermeister) bei seinem ersten jagerischen Ausflug in den Wald nicht schiessen konnen, erzahlen liess, welches die Gebruder in Gram und Verzweiflung sturzte, so, dass beide sehr bald den Hof verliessen. Gewiss endlich, dass Meister Abraham nicht allein durch seine Phantasmagorieen, sondern auch durch das Ansehen, das er sich immer mehr und mehr bei dem Fursten zu erwerben wusste, Hof, Stadt und Land in Erstaunen setzte.

Von den Kunststucken, die Meister Abraham vollfuhrte, erzahlt oben bemeldeter Historiograph des Irenausschen Hauses so viel ganz Unglaubliches, dass man es nicht nachschreiben kann, ohne alles Zutrauen des geneigten Lesers aufs Spiel zu setzen. Dasjenige Kunststuck, welches aber der Historiograph fur das wunderbarste von allen halt, ja von dem er behauptet, dass es hinlanglich beweise, wie Meister Abraham offenbar mit fremden unheimlichen Machten in bedrohlichem Bunde stehe, ist indes nichts anders, als jenes akustische Zauberspiel, das spater unter der Benennung des unsichtbaren Madchens so viel Aufsehen gemacht, und das Meister Abraham schon damals sinnreicher, phantastischer, das Gemut ergreifender, aufzustellen wusste, als es nachher jemals geschehen.

Nebenher wollte man auch wissen, dass der Furst selbst mit dem Meister Abraham gewisse magische Operationen unternehme, uber deren Zweck unter den Hofdamen, Kammerherrn und andern Leuten vom Hofe ein angenehmer Wettstreit alberner, sinnloser Vermutungen entstand. Darin waren alle einig, dass Meister Abraham dem Fursten das Goldmachen beibringe, wie aus dem Rauch, der aus dem Laboratorio bisweilen dringe, zu schliessen, und dass er ihn eingefuhrt in allerlei nutzliche Geister-Konferenzen. Alle waren ferner davon uberzeugt, dass der Furst das Patent fur den neuen Burgermeister im Marktflecken nicht vollziehe, ja, dem furstlichen Ofenheizer keine Zulage bewillige, ohne den ›Agathodamon‹, den Spiritum familiarem, oder die Gestirne zu befragen.

Als der alte Furst starb und Irenaus ihm in der Regierung folgte, verliess Meister Abraham das Land. Der junge Furst, der von des Vaters Neigung zum Abenteuerlichen, Wunderbaren durchaus nichts vererbt, liess ihn zwar ziehen, fand aber bald, dass Meister Abrahams magische Kraft vorzuglich sich darin bewahre, einen gewissen bosen Geist zu beschworen, der sich an kleinen Hofen nur gar zu gern einnistet, namlich den Hollengeist der Langenweile. Dann hatte auch das Ansehen, in dem Meister Abraham bei dem Vater stand, tiefe Wurzel gefasst in dem Gemut des jungen Fursten. Es gab Augenblicke, in denen dem Fursten Irenaus zu Mute wurde, als sei Meister Abraham ein uberirdisches Wesen, uber alles was menschlich erhaben, stehe es auch noch so hoch. Man sagt, dass diese ganz besondere Empfindung von einem kritischen unvergesslichen Moment in der Jugendgeschichte des Fursten herruhre. Als Knabe war er einst mit kindischer, uberlastiger Neugier in Meister Abrahams Zimmer eingedrungen und hatte lappisch eine kleine Maschine, die der Meister eben mit vieler Muhe und Kunst vollendet, zerbrochen, der Meister aber im vollen Zorn uber das verderbliche Ungeschick dem kleinen furstlichen Bengel eine fuhlbare Ohrfeige zugeteilt, und ihn dann mit einiger nicht ganz sanfter Schnelligkeit hinausgefuhrt aus der Stube auf den Korridor. Unter hervorquellenden Tranen konnte der junge Herr nur mit Muhe die Worte hervorstammeln: Abraham – soufflet – so dass der besturzte Oberhofmeister es fur ein gefahrvolles Wagnis hielt, tiefer einzudringen in das furchterliche Geheimnis, das zu ahnen er sich unterstehen musste.

Der Furst fuhlte lebhaft das Bedurfnis, den Meister Abraham als das belebende Prinzip der Hofmaschine bei sich zu behalten; vergebens waren aber alle seine Bemuhungen, ihn zuruckzubringen. Erst nach jenem verhangnisvollen Spaziergange, als Furst Irenaus sein Landchen verloren, als er die chimarische Hofhaltung zu Sieghartsweiler eingerichtet, fand sich auch Meister Abraham wieder ein, und in der Tat, zu gelegenerer Zeit hatte er gar nicht kommen konnen. Denn ausserdem dass —

(M. f. f.) – merkwurdige Begebenheit, die, um mich des gewohnlichen Ausdrucks geistreicher Biographen zu bedienen, einen Abschnitt in meinem Leben machte.

– Leser! – Junglinge, Manner, Frauen, unter deren Pelz ein fuhlend Herz schlagt, die ihr Sinn habt fur Tugend – die ihr die sussen Bande erkennet, womit uns die Natur umschlingt, ihr werdet mich verstehen und – mich lieben!

Der Tag war heiss gewesen, ich hatte ihn unter dem Ofen verschlafen. Nun brach die Abenddammerung ein, und kuhle Winde sausten durch meines Meisters geoffnetes Fenster. Ich erwachte aus dem Schlaf, meine Brust erweiterte sich, durchstromt von dem unnennbaren Gefuhl, das, Schmerz und Lust zugleich, die sussesten Ahnungen entzundet. Von diesen Ahnungen uberwaltigt, erhob ich mich hoch in jener ausdrucksvollen Bewegung, die der kalte Mensch Katzenbuckel benennet. – Hinaus – hinaus trieb es mich in die freie Natur, ich begab mich daher aufs Dach und lustwandelte in den Strahlen der sinkenden Sonne. Da vernahm ich Tone von dem Boden aufsteigen, so sanft, so heimlich, so bekannt, so anlockend, ein unbekanntes Etwas zog mich hinab mit unwiderstehlicher Gewalt. Ich verliess die schone Natur und kroch durch eine kleine Dachluke hinein in den Hausboden. – Hinabgesprungen gewahrte ich alsbald eine grosse, schone, weiss und schwarz gefleckte Katze, die, auf den Hinterfussen sitzend in bequemer Stellung, eben jene anlockenden Tone von sich gab und mich nun mit forschenden Blicken durchblitzte. Augenblicklich setzte ich mich ihr gegenuber und versuchte, dem innern Trieb nachgebend, in das Lied einzustimmen, das die weiss und schwarz Gefleckte angestimmt. Das gelang mir, ich muss es selbst sagen, uber die Massen wohl, und von diesem Augenblick an datiert sich, wie ich fur die Psychologen, die mich und mein Leben studieren, hier bemerke, mein Glaube an mein inneres musikalisches Talent, und, wie zu erachten, mit diesem Glauben auch das Talent selbst. Die Gefleckte blickte mich scharfer und emsiger an, schwieg plotzlich, sprang mit einem gewaltigen Satz auf mich los. Ich, nichts Gutes erwartend, zeigte meine Krallen, doch in dem Augenblick schrie die Gefleckte, indem ihr die hellen Tranen aus den Augen sturzten:»Sohn – o Sohn! komm! eile in meine Pfoten!«– Und dann, mich umhalsend, mich mit Inbrunst an die Brust druckend:»Ja, du bist es, du bist mein Sohn, mein guter Sohn, den ich ohne sonderliche Schmerzen geboren!«—

Ich fuhlte mich tief im Innersten bewegt, und schon dies Gefuhl musste mich uberzeugen, dass die Gefleckte wirklich meine Mutter war, dem unerachtet fragte ich doch, ob sie auch dessen ganz gewiss sei.

«Ha, diese Ahnlichkeit«, sprach die Gefleckte,»diese Augen, diese Gesichtszuge, dieser Bart, dieser Pelz, alles erinnert mich nur zu lebhaft an den Treulosen, Undankbaren, der mich verliess. – Du bist ganz das getreue Ebenbild deines Vaters, lieber Murr (denn so wirst du ja geheissen), ich hoffe jedoch, dass du mit der Schonheit des Vaters zugleich die sanftere Denkungsart, die milden Sitten deiner Mutter Mina erworben haben wirst. – Dein Vater hatte einen sehr vornehmen Anstand, auf seiner Stirne lag eine imponierende Wurde, voller Verstand funkelten die grunen Augen, und um Bart und Wangen spielte oft ein anmutiges Lacheln. Diese korperlichen Vorzuge, so wie sein aufgeweckter Geist und eine gewisse liebenswurdige Leichtigkeit, mit der er Mause fing, liessen ihn mein Herz gewinnen. – Aber bald zeigte sich ein hartes, tyrannisches Gemut, dass er so lange geschickt zu verbergen gewusst. – Mit Entsetzen sag' ich es! – Kaum warst du geboren, als dein Vater den unseligen Appetit bekam, dich nebst deinen Geschwistern zu verspeisen.«

«Beste Mutter«, fiel ich der Gefleckten ins Wort,»verdammen Sie nicht ganz jene Neigung. Das gebildetste Volk der Erde legte den sonderbaren Appetit des Kinderfressens dem Geschlecht der Gotter bei, aber gerettet wurde ein Jupiter und so auch ich!«—

«Ich verstehe dich nicht, mein Sohn«, erwiderte Mina,»aber es kommt mir vor, als sprachest du albernes Zeug, oder als wolltest du gar deinen Vater verteidigen. Sei nicht undankbar, du warest ganz gewiss erwurgt und gefressen worden von dem blutdurstigen Tyrannen, hatte ich dich nicht so tapfer verteidigt mit diesen scharfen Krallen, hatte ich nicht, bald hier, bald dort hinfliehend in Keller, Boden, Stalle, dich den Verfolgungen des unnaturlichen Barbaren entzogen. – Er verliess mich endlich! nie habe ich ihn wiedergesehen! Und doch schlagt noch mein Herz fur ihn! – Es war ein schoner Kater! – Viele hielten ihn seines Anstandes, seiner feinen Sitten wegen, fur einen reisenden Grafen. – Ich glaubte nun, im kleinen hauslichen Zirkel meine Mutterpflichten ubend, ein stilles, ruhiges Leben fuhren zu konnen, doch der entsetzlichste Schlag sollte mich noch treffen. – Als ich von einem kleinen Spaziergange einst heimkehrte, weg warst du samt deinem Geschwister! – Ein altes Weib hatte mich Tages zuvor in meinem Schlupfwinkel entdeckt, und allerlei verfangliche Worte von ins Wasser werfen und dergleichen gesprochen. – Nun! ein Gluck, dass du, mein Sohn, gerettet, komm nochmals an meine Brust, Geliebter!«—

Die gefleckte Mama liebkoste mich mit aller Herzlichkeit, und fragte mich dann nach den nahern Umstanden meines Lebens. Ich erzahlte ihr alles, und vergass nicht, meiner hohen Ausbildung zu erwahnen, und wie ich dazu gekommen.

Mina schien weniger geruhrt von den seltenen Vorzugen des Sohnes, als man hatte denken sollen. Ja, sie gab mir nicht undeutlich zu verstehen, dass ich mitsamt meinem ausserordentlichen Geiste, mit meiner tiefen Wissenschaft auf Abwege geraten, die mir verderblich werden konnten. Vorzuglich warnte sie mich aber, dem Meister Abraham ja nicht meine erworbenen Kenntnisse zu entdecken, da dieser sie nur nutzen wurde, mich in der druckendsten Knechtschaft zu erhalten.

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