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Lebens-Ansichten des Katers Murr / Житейские воззрения кота Мурра
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«Ich kann mich«, sprach Mina,»zwar gar nicht deiner Ausbildung ruhmen, indessen fehlt es mir doch durchaus nicht an naturlichen Fahigkeiten und angenehmen, mir von der Natur eingeimpften Talenten. Darunter rechne ich z. B. die Macht, knisternde Funken aus meinem Pelz hervorstrahlen zu lassen, wenn man mich streichelt. Und was fur Unannehmlichkeiten hat mir nicht schon dieses einzige Talent bereitet! Kinder und Erwachsene haben unaufhorlich auf meinem Rucken herumhantiert, jenes Feuerwerks halber, mir zur Qual, und wenn ich unmutig wegsprang oder die Krallen zeigte, musste ich mich ein scheues wildes Tier schelten, ja wohl gar prugeln lassen. – Sowie Meister Abraham erfahrt, dass du schreiben kannst, lieber Murr, macht er dich zu seinem Kopisten, und als Schuldigkeit wird von dir gefordert, was du jetzt nur aus eigenem Antriebe zu deiner Lust tust.«—

Mina sprach noch mehreres uber mein Verhaltnis zum Meister Abraham und uber meine Bildung. Erst spater habe ich eingesehen, dass das, was ich fur Abscheu gegen die Wissenschaften hielt, wirkliche Lebensweisheit war, die die Gefleckte in sich trug.

Ich erfuhr, dass Mina bei der alten Nachbarsfrau in ziemlich durftigen Umstanden lebe, und dass es ihr oft schwer falle ihren Hunger zu stillen. Dies ruhrte mich tief, die kindliche Liebe erwachte in voller Starke in meinem Busen, ich besann mich auf den schonen Heringskopf, den ich vom gestrigen Mahle erubrigt, ich beschloss, ihn darzubringen der guten Mutter, die ich so unerwartet wiedergefunden.

Wer ermisst die Wandelbarkeit der Herzen derer, die da wandeln unter dem Mondschein! – Warum verschloss das Schicksal nicht unsere Brust dem wilden Spiel unseliger Leidenschaften! – Warum mussen wir, ein dunnes schwankendes Rohr, uns beugen vor dem Sturm des Lebens? – Feindliches Verhangnis! – O Appetit, dein Name ist Kater! – Den Heringskopf im Maule kletterte ich, ein pius Aeneas aufs Dach – ich wollte hinein ins Bodenfenster. Da geriet ich in einen Zustand, der auf seltsame Weise mein Ich meinem Ich entfremdend, doch mein eigentliches Ich schien. – Ich glaube mich verstandlich und scharf ausgedruckt zu haben, so dass in dieser Schilderung meines seltsamen Zustandes jeder den die geistige Tiefe durchschauenden Psychologen erkennen wird. – Ich fahre fort! —

Das sonderbare Gefuhl, gewebt aus Lust und Unlust, betaubte meine Sinne – uberwaltigte mich – kein Widerstand moglich, – ich frass den Heringskopf! —

Angstlich horte ich Mina miauen, angstlich sie meinen Namen rufen – Ich fuhlte mich von Reue, von Scham durchdrungen, ich sprang zuruck in meines Meisters Zimmer, ich verkroch mich unter den Ofen. Da qualten mich die angstlichsten Vorstellungen. Ich sah Mina, die wiedergefundene gefleckte Mutter, trostlos, verlassen, lechzend nach der Speise, die ich ihr versprochen, der Ohnmacht nahe – Ha! – der durch den Rauchfang sausende Wind rief den Namen Mina – Mina – Mina! rauschte es in den Papieren meines Meisters, knarrte es in den gebrechlichen Rohrstuhlen, Mina – Mina – lamentierte die Ofenture. – O! es war ein bitteres herzzerschneidendes Gefuhl, das mich durchbohrte! – Ich beschloss, die Arme womoglich einzuladen zur Fruhstucksmilch. Wie kuhlender, wohltuender Schatten kam bei diesem Gedanken ein seliger Frieden uber mich! – Ich kniff die Ohren an und schlief ein! —

Ihr fuhlenden Seelen, die ihr mich ganz versteht, ihr werdet es, seid ihr sonst keine Esel, sondern wahrhaftige honette Kater, ihr werdet es, sage ich, einsehen, dass dieser Sturm in meiner Brust meinen Jugendhimmel aufheitern musste, wie ein wohltatiger Orkan, der die finstern Wolken zerstaubt und die reinste Aussicht schafft. O! so schwer anfangs der Heringskopf auf meiner Seele lastete, doch lernte ich einsehen, was Appetit heisst, und dass es Frevel ist, der Mutter Natur zu widerstreben. Jeder suche sich seine Heringskopfe und greife nicht vor der Sagazitat der andern, die, vom richtigen Appetit geleitet, schon die ihrigen finden werden.

So schliesse ich diese Episode meines Lebens die —

(Mak. Bl.) – nichts verdriesslicher fur einen Historiographen oder Biographen, als wenn er, wie auf einem wilden Fullen reitend, hin und her sprengen muss, uber Stock und Stein, uber Acker und Wiesen, immer nach gebahnten Wegen trachtend, niemals sie erreichend. So geht es dem, der es unternommen, fur dich, geliebter Leser, das aufzuschreiben, was er von dem wunderlichen Leben des Kapellmeisters Johannes Kreisler erfahren. Gern hatte er angefangen: In dem kleinen Stadtchen N. oder B. oder K., und zwar am Pfingstmontage oder zu Ostern des und des Jahres erblickte Johannes Kreisler das Licht der Welt! – Aber solche schone chronologische Ordnung kann gar nicht aufkommen, da dem unglucklichen Erzahler nur mundlich, brockenweis mitgeteilte Nachrichten zu Gebote stehen, die er, um nicht das Ganze aus dem Gedachtnisse zu verlieren, sogleich verarbeiten muss. Wie es eigentlich mit der Mitteilung dieser Nachrichten herging, sollst du, sehr lieber Leser! noch vor dem Schlusse des Buchs erfahren, und dann wirst du vielleicht das rhapsodische Wesen des Ganzen entschuldigen, vielleicht aber auch meinen, dass, trotz des Anscheins der Abgerissenheit, doch ein fester durchlaufender Faden alle Teile zusammenhalte.

Eben in diesem Augenblick ist nichts anders zu erzahlen, als dass nicht lange nachher, als Furst Irenaus in Sieghartsweiler sich niedergelassen, an einem schonen Sommerabend Prinzessin Hedwiga und Julia in dem anmutigen Park Sieghartshof lustwandelten. Wie ein goldner Schleier lag der Schein der sinkenden Sonne ausgebreitet uber dem Walde. Kein Blattlein ruhrte sich. In ahnungsvollem Schweigen harrten Baum und Gebusch, dass der Abendwind komme und mit ihnen kose. Nur das Getose des Waldbachs, der uber weisse Kiesel fortbrauste, unterbrach die tiefe Stille. Arm in Arm verschlungen, schweigend, wandelten die Madchen fort durch die schmalen Blumengange, uber die Brucken, die uber die verschiedenen Schlingungen des Bachs fuhrten, bis sie an das Ende des Parks, an den grossen See kamen, in dem sich der ferne Geierstein mit seinen malerischen Ruinen abspiegelte.

«Es ist doch schon!« rief Julia recht aus voller Seele.»Lass uns«, sprach Hedwiga,»in die Fischerhutte treten. Die Abendsonne brennt entsetzlich und drinnen ist die Aussicht nach dem Geierstein aus dem mittlern Fenster noch schoner als hier, da die Gegend dort nicht Panorama, sondern in gruppierter Ansicht, wahrhaftes Bild erscheint«.

Julia folgte der Prinzessin, die, kaum hineingetreten und zum Fenster hinausschauend, sich nach Crayon und Papier sehnte, um die Aussicht in der Beleuchtung zu zeichnen, welche sie ungemein pikant nannte.

«Ich mochte«, sprach Julia,»ich mochte dich beinahe um deine Kunstfertigkeit beneiden, Baume und Gebusche, Berge, Seen, so ganz nach der Natur zeichnen zu konnen. Aber ich weiss es schon, konnte ich auch so hubsch zeichnen als du, doch wurd' es mir niemals gelingen, eine Landschaft nach der Natur aufzunehmen, und zwar um desto weniger, je herrlicher der Anblick. Vor lauter Freude und Entzucken des Schauens wurd' ich gar nicht zur Arbeit kommen«. – Der Prinzessin Antlitz uberflog bei diesen Worten Julia's ein gewisses Lacheln, das bei einem sechzehnjahrigen Madchen bedenklich genannt werden durfte. Meister Abraham, der im Ausdruck zuweilen etwas seltsam, meinte, solch Muskelspiel im Gesicht sei dem Wirbel zu vergleichen auf der Oberflache des Wassers, wenn sich in der Tiefe etwas Bedrohliches ruhrt. – Genug, Prinzessin Hedwiga lachelte; indem sie aber die Rosenlippen offnete, um der sanften unkunstlerischen Julia etwas zu entgegnen, liessen sich ganz in der Nahe Akkorde horen, die so stark und wild angeschlagen wurden, dass das Instrument kaum eine gewohnliche Guitarre zu sein schien.

Die Prinzessin verstummte, und beide, sie und Julia, eilten vor das Fischerhaus.

Nun vernahmen sie eine Weise nach der andern, verbunden durch die seltsamsten Ubergange, durch die fremdartigste Akkordenfolge. Dazwischen liess sich eine sonore mannliche Stimme horen, die bald alle Sussigkeit des italienischen Gesanges erschopfte, bald, plotzlich abbrechend, in ernste dustere Melodien fiel, bald rezitativisch, bald mit starken kraftig akzentierten Worten dreinsprach. —

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