Die weisse Massai
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Nach kurzer Zeit stehen etwa sechs Personen herum, aber keiner tut etwas, bis ein grosser Turkana-Mann mit einem langen Stock kommt. Vorsichtig geht er hinein und stochert in dem Holzhaufen herum. Holz f"ur Holz st"osst er weg, bis die etwa einen Meter lange Schlange hervorschnellt. Wie wild versucht der Turkana, sie zu erschlagen, doch trotz der Schl"age kriecht sie schnell durch den Ausgang auf uns zu.
Blitzschnell st"osst ein Samburu-Boy seinen Speer in das gef"ahrliche Tier. Erst als ich erfahre, wie gef"ahrlich die Situation war, zittern meine Knie.
Mein Mann kommt etwa eine Stunde sp"ater. Er war beim Veterin"ar, der ihm das Schreiben gab, aber mit der Auflage, innerhalb eines Monats ein Plumpsklo ausserhalb des Shops zu errichten. Auch das noch! Es melden sich ein paar Freiwil ige, vor al em Turkana-Leute, die bereit sind, das drei Meter tiefe Loch zu graben und den Rest zu erstel en. Inklusive Material kostet dies fast 600 Franken.
Das Zahlen nimmt kein Ende, und ich hoffe, dass bald Geld verdient wird.
Pater Giuliano und Roberto berichte ich von meinem Vorhaben, ein Gesch"aft zu er"offnen. Sie sind begeistert, weil hier das halbe Jahr kein Mais erh"altlich ist. Meine Schwangerschaft erw"ahne ich nicht, auch in keinem Brief in die Schweiz. Obwohl ich mich sehr freue, weiss ich, wie schnel man hier krank werden kann, und ich m"ochte niemanden beunruhigen.
Endlich kommt unser grosser Tag. Wir fahren los, um mit einem vol en Lastwagen zur"uckzukommen. Eine angenehme Verkaufshilfe haben wir ebenfalls gefunden, Anna, die Frau des Dorfpolizisten. Sie ist robust und hat schon in Maralal gearbeitet.
Mit gutem Wil en versteht sie sogar etwas Englisch.
In Maralal gehen wir zur Commercial Bank, um nachzufragen, ob mein bestelltes Geld aus der Schweiz eingetroffen ist. Wir haben Gl"uck, und so hebe ich umgerechnet fast 5000 Franken ab, um die Ware einkaufen zu k"onnen. Wir bekommen b"undelweise Kenia-Schillinge. Lketinga hat in seinem Leben noch nie soviel Geld gesehen. Beim Somali-Grossh"andler fragen wir nach, wann ein Laster f"ur eine Fahrt nach Barsaloi zur Verf"ugung steht. Im Moment sind al e Fl"usse ohne Wasser, und deshalb ist der Weg f"ur die schweren Loris kein Problem, in zwei Tagen sei einer frei.
Jetzt kaufen wir ein. Der Laster kostet 300 Franken, deshalb m"ussen wir sein Ladegewicht von zehn Tonnen voll ausn"utzen. Ich bestelle 80 mal 100 kg Maismehl sowie 15 mal 100 kg Zucker, ein Verm"ogen f"ur hier. Als ich gegen Quittung bezahle, nimmt Lketinga die Geldb"undel wieder an sich und behauptet, ich gebe diesen Somalis viel zu viel Geld. Er m"ochte al es kontrol ieren. Mir ist es fast peinlich, da er diese Leute beleidigt und gar nicht so weit rechnen kann. Er bildet H"aufchen um H"aufchen, und kein Mensch versteht, wozu er mit dem Geld herumspielt. Mit Engelszungen rede ich auf meinen Mann ein, bis er bereit ist, mir das Geld wiederzugeben. Vor seinen Augen z"ahle ich noch einmal ab. Als dann 3000
Schillinge "ubrig sind, meint er b"ose: „Siehst du, das ist viel zu viel!“ Ich beruhige ihn und erkl"are, dies sei die Miete f"ur den Laster. Etwas irritiert schauen sich die drei Somalis an. Schliesslich ist die Ware bestellt und wird f"ur uns reserviert, bis der Lastwagen kommt. Nun fahre ich durch das Dorf und kaufe hier 100 kg Reis, dort 100 kg Kartoffeln und woanders Kohl und Zwiebeln.
Am sp"aten Nachmittag ist der Laster endlich beladen. Es wird wohl elf Uhr nachts werden, bis er Barsaloi erreicht. Die zerbrechlichen Sachen wie Mineralwasser, Cola und Fanta lade ich in meinen Landrover, dar"uber hinaus Tomaten, Bananen, Brot, Omo, Margarine, Tee und andere Artikel. Das Auto ist voll bis unters Dach. Ich will nicht den weiten Weg nehmen, sondern durch den Wald fahren, da ich dann in zwei Stunden in Barsaloi sein kann. Lketinga f"ahrt im Lastwagen mit, er hat berechtigte Bedenken, dass unterwegs Ware verschwindet.
Der Wildh"uter und zwei Frauen fahren mit mir. Beladen wie der Wagen ist, muss ich schon bald in den Vierrad schalten, damit er die Steigung in den Wald schaffen kann.
An das Fahren mit soviel Gewicht muss ich mich erst gew"ohnen, immerhin sind es etwa 700 kg. Ab und zu durchqueren wir Wasserl"ocher, die hier im Dickicht selten ganz austrocknen.
Die Wiese, wo ich die B"uffel sah, liegt heute verlassen da. Mit meinem Beifahrer unterhalte ich mich m"uhsam in Suaheli "uber unser Gesch"aft. Kurz vor dem schr"agen
„Todeshang“ kommt eine steile S-Kurve. Als ich in den Hohlweg einbiege, steht eine grosse graue Mauer vor uns. Wie verr"uckt bremse ich, doch der Wagen rutscht durch das Ladegewicht langsam auf den Elefantenbullen zu. „Stop, stop the car!“
schreit der Wildh"uter. Ich versuche al es, einschliesslich Handbremse, die aber nicht mehr gut funktioniert. Etwa drei Meter vor dem riesigen Hinterteil bleiben wir endlich stehen. Das Tier versucht, sich langsam auf dem schmalen Weg zu drehen.
Schnel lege ich den R"uckw"artsgang ein. Die Frauen kreischen im hinteren Teil des Wagens und wollen raus. Der Elefant hat sich nun gedreht und starrt uns aus seinen Knopfaugen an. Er schwingt den R"ussel in die H"ohe und trompetet. Durch seine gewaltigen Stossz"ahne wirkt er noch bedrohlicher. Unser Wagen schleicht langsam r"uckw"arts, und der Abstand betr"agt inzwischen sechs Meter. Der Wildh"uter aber mahnt, wir seien erst ausser Lebensgefahr, wenn wir uns unsichtbar machen, das heisst, hinter der Kurve verschwinden. Weil der Wagen vol gestopft ist und keinen R"uckspiegel besitzt, kann ich nicht nach hinten schauen. So muss mich der Wildh"uter dirigieren, und ich hoffe nur, dass ich alles richtig interpretiere.
Endlich ist der Abstand so gross, dass wir den Elefanten nur noch h"oren, aber nicht mehr sehen. Erst jetzt sp"ure ich, wie meine Knie zittern. Ich darf nicht daran denken, was passiert w"are, wenn der Wagen in den Koloss gefahren oder mir beim Zur"ucksetzen der Motor abgestorben w"are.
Der Wildh"uter riecht den Elefanten noch. Wie zum Hohn hat er heute sein Gewehr nicht dabei. Wir sind jetzt sicher achtzig Meter entfernt, doch h"oren wir ihn immer noch B"aume umknicken. Nachdem wir eine Weile nichts mehr vernehmen, schleicht sich der Wildh"uter langsam zur Kurve vor. Er kommt zur"uck und berichtet, dass der Elefant sein Revier verteidigt und gen"usslich auf dem Weg weidet. Links und rechts der Strasse l"agen kleinere B"aume. Allm"ahlich wird es finster. Bremsen kleben an uns und stechen "ubel zu. Ausser dem Wildh"uter steigt niemand aus. Eine Stunde sp"ater ist der Bulle nach wie vor auf dem Weg.
Es nervt mich, da wir noch eine weite Strecke vor uns haben und ich die Ger"ollhalde schwer beladen im Dunkeln "uberwinden muss. Als sich an unserer Lage nichts "andert, sammelt der Mann grosse Steine und schleicht wieder zur Kurve. Von dort aus wirft er sie in den dichten Wald, was ein lautes Rascheln und Poltern verursacht. Tats"achlich dauert es nicht lange, und der Elefant verl"asst den Weg.
In Barsaloi fahre ich direkt zum Shop und lade im Licht der Scheinwerfer aus. Gott sei Dank helfen mir einige Leute. Anschliessend gehe ich zu unserer Manyatta. Einige Zeit sp"ater kommt der Nachbarsbursche und berichtet, er habe in der Ferne zwei Lichter gesehen. Auch der "altere Bruder h"alt Ausschau. Jetzt sind al e sehr gespannt. Unser Lastwagen kommt, ein Samburu-Laster!