Die weisse Massai
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Mit dem Bruder gehe ich in den Shop, um dort zu warten. Der Veterin"ar erscheint ebenfal s und bringt aus seiner Blockh"utte eine Petroleumlampe mit. Wir stel en sie auf die Theke, und sofort ist der Shop heimelig erhel t. Ich "uberlege, wo wir was abladen und aufstellen. Immer mehr Menschen schleichen um den Shop herum und warten auf den Lori.
Endlich f"ahrt er mit dr"ohnendem L"arm vor. Es ist f"ur mich ein "uberw"altigender Augenblick und gleichzeitig "uberkommt mich ein Gl"ucksgef"uhl bei dem Gedanken, dass nun in Barsaloi ein Shop steht, der immer Essbares anbieten kann. Nun muss niemand mehr hungern, weil es genug zu kaufen gibt. Lketinga steigt stolz aus dem Laster und begr"usst einige, darunter auch den Wildh"uter. Entsetzt h"ort er sich dessen Erz"ahlung an, kommt dann aber lachend auf mich zu und fragt: „Hello, wife, real y you have seen an elefant?“ „Yes, sure!“
Er fasst sich an den Kopf: „Crazy, this is very dangerous, real y Corinne, very dangerous!“ „Yes, I know, but now we are okay“,
erwidere ich und schaue, wer abladen kann.
Es wird verhandelt, und wir bestimmen drei M"anner, die auch bei den Somalis damit gelegentlich Geld verdienen. Zuerst werden die Kartoffel- und Reiss"acke verstaut, und der hintere Raum, der als Lager dienen soll, mit Mais- und Zuckers"acken gef"ullt. Die restlichen Waren werden im Laden gestapelt.
Es herrscht rege Betriebsamkeit. Nach einer halben Stunde ist der Lastwagen leer und tritt in der stockfinsteren Nacht den Heimweg nach Maralal an. Zwischen Omo und Teeschachteln stehen wir in einem totalen Chaos. Die ersten Kunden erscheinen und wollen Zucker kaufen. Doch ich verweigere den Verkauf, weil es viel zu sp"at ist und wir erst einr"aumen m"ussen. Wir schliessen den Laden ab und gehen zu unserer Manyatta.
Wie gewohnt stehen wir am Morgen auf und sitzen mit den Tieren in der Sonne, als einige Frauen auf unsere Manyatta zukommen. Lketinga fragt sie, was los sei.
Wann wir denn den Shop "offnen, wollen sie wissen. Lketinga will gleich los, doch ich sage ihm, er solle ausrichten, vor Mittag verkaufe ich nichts, weil zuerst ausgepackt werden muss und Anna noch nicht da ist.
Anna hat ein Auge daf"ur, wie die Waren sinnvol aufgestel t werden. Nach zwei Stunden sieht der Shop fast perfekt aus. Vor dem Gesch"aft hocken sicher f"unfzig Frauen und M"anner und warten auf die Er"offnung. Der Maschendraht macht sich gut.
Unter der Theke habe ich Kartoffeln, Kohl, Karotten, Zwiebeln, Orangen und Mangos ausgestel t. An einer Schnur von der Decke h"angen Bananenstauden. Hinten in den Gestel en reihen sich die verschiedenen Gr"ossen von Omo, Kimbo-Fettb"uchsen, Teepulver, Toilettenpapier, das sp"ater erstaunlichen Absatz findet, diverse Seifen, S"ussigkeiten jeder Art sowie Streichh"olzer. Neben die Waage stellen wir je einen Sack mit Zucker, Maismehl und Reis. Wir putzen noch mal den Boden und "offnen das Ladentor.
F"ur einen kurzen Moment blendet uns hereinflutendes Sonnenlicht, dann st"urmen die Frauen herein. Wie eine Woge kommen mir die farbenpr"achtig geschm"uckten Menschen entgegen. Der Laden ist zum Bersten vol. Alle strecken uns ihren Kanga oder von Hand gen"ahte Stoffs"acke entgegen. Anna beginnt mit dem Abf"ul en von Maismehl. Damit nicht zuviel daneben f"allt, haben wir aus Karton eine Art Schaufel gefertigt. Nun f"ulle ich auch Zucker oder Maismehl ab. Die meisten legen einfach Geld auf die Theke und wollen daf"ur verschiedene Artikel. Das erfordert schnelles Rechnen.
Der erste grosse Maissack ist in einer knappen Stunde verkauft, der Zucker zur H"alfte. Ich bin froh, dass ich vorher alle Preise an die Artikel geschrieben habe.
Dennoch herrscht ein heil oses Durcheinander. Die Schachtel, die als Kasse dient, quil t "uber, als wir am Abend fast 600 kg Maismehl, 200 kg Zucker und diverse andere Artikel verkauft haben. Als es zu d"ammern beginnt, mochten wir schliessen, doch es kommt noch das eine oder andere Kind und will Zucker oder Mais f"ur das Abendessen. Um sieben Uhr machen wir endlich zu. Ich kann mich fast nicht mehr auf den Beinen halten und meine Arme kaum bewegen. Anna geht ebenfal s m"ude und ersch"opft nach Hause.
Auf der einen Seite war es heute ein Riesenerfolg, andererseits gibt mir dieser Ansturm zu denken. Morgen wird das von fr"uh bis sp"at so weitergehen. Waschen muss ich mich auch wieder einmal am River. Doch wann?
Um acht sind wir wieder im Laden, und Anna wartet bereits. Das Gesch"aft l"auft langsam an, doch nach neun ist der Laden bis zum Nachmittag gerammelt vol. Die K"asten mit Mineralwasser, Cola, Fanta und Sprite leeren sich schnell. Zu lange musste man hier darauf verzichten. Viele der Krieger oder Boys stehen stundenlang einfach im oder vor dem Laden, um sich mit jemandem zu unterhalten. Die Frauen und M"adchen sitzen im Schatten des Shops. Auch die Frau des Veterin"ars, der Arzt und der Buschlehrer kommen und kaufen kiloweise Kartoffeln und Fr"uchte. Alle freuen sich "uber den tollen Laden. Nat"urlich stel e ich schon jetzt fest, dass vieles fehlt.
Lketinga ist die meiste Zeit bei uns und unterh"alt sich mit Leuten oder verkauft die einfachen Sachen, wie Seifen oder Omo. Er hilft, so gut es geht. Mama kommt heute zum erstenmal seit langem ins Dorf, um unseren Shop zu besichtigen.
Am Ende des zweiten Tages beherrsche ich schon al e Zahlen in der Maa-Sprache. Ich habe eine Tabel e erstellt, von der wir den Preis f"ur die verschiedenen Mengen von Mais oder Zucker direkt ablesen k"onnen, was das Ausrechnen wesentlich erleichtert. Auch an diesem Tag arbeiten wir durch und schleppen uns m"ude nach Hause. Nat"urlich konnten wir wieder keine warme Mahlzeit zu uns nehmen, was in meinem Zustand nicht sinnvoll ist. Mein R"ucken schmerzt vom st"andigen B"ucken. Allein heute haben wir acht Sack Mais und fast 300 kg Zucker abgewogen und verkauft.
Mama kocht f"ur mich Maismehl mit etwas Fleisch, und ich bespreche mit Lketinga die unhaltbare Situation. Anna und ich brauchen einfach eine Ruhepause, um zu essen und um uns zu waschen. Wir entscheiden, ab morgen den Laden von 12 bis 14 Uhr zu schliessen. Auch Anna ist froh "uber die neue Regelung. Wir bringen vierzig Liter Wasser in den Shop, damit ich mich im hinteren Teil wenigstens waschen kann.
Allm"ahlich schwinden die Fr"uchte und das Gem"use. Sogar vom teuren Reis ist nichts mehr da. F"ur uns habe ich lediglich drei Kilogramm nach Hause gebracht.
Giuliano und Roberto schauen an diesem Tag das erste Mal vorbei und sprechen ihre Bewunderung aus, was mir gut tut. Ich erkundige mich, ob ich das eingenommene Geld bei ihnen deponieren kann, weil mir nichts einf"al t, wo ich soviel Geld aufbewahren k"onnte. Giuliano ist einverstanden, und so gehe ich jeden Abend bei der Mission vorbei und gebe ein mit Geld gef"ulltes Kuvert ab.
Mit den neuen "Offnungszeiten kommen die Leute nicht klar, weil die meisten keine Uhr besitzen. Entweder m"ussen wir fast gewaltsam schliessen, oder es sind so viele Menschen da, dass wir doch durcharbeiten. Nach neun Tagen ist unser Shop fast leer, f"unf Maiss"acke sind noch da, Zucker gibt es seit zwei Tagen keinen mehr. Also m"ussen wir wieder nach Maralal fahren. Mit etwas Gl"uck sind wir am dritten Tag mit einem Laster zur"uck. Anna bleibt im Laden, da ohne Zucker wesentlich weniger Betrieb ist.