Die weisse Massai
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Eric und Jelly sind einverstanden, und so warten wir zur verabredeten Zeit am Hoteleingang. Nach etwa zehn Minuten h"alt eines der "uberf"ullten Matatus. Zwei lange Beine steigen aus, gefolgt vom langen K"orper Lketingas. Er hat Edy mitgebracht. Ich kenne den Weg zu Priscilla noch vom ersten Besuch, mein Bruder allerdings schaut den Affen, die unweit des Weges spielen und essen, skeptisch zu.
Das Wiedersehen mit Priscilla ist sehr herzlich. Sie holt ihren Spirituskocher hervor und bereitet Tee. W"ahrend wir warten, diskutieren die drei miteinander, und wir schauen verst"andnislos zu. Immer wieder wird gelacht, und ich sp"ure, dass auch "uber mich gesprochen wird. Nach etwa zwei Stunden brechen wir auf, und Priscilla bietet mir an, jederzeit mit Lketinga hierherkommen zu k"onnen.
Obwohl ich f"ur zwei weitere Wochen bezahlt habe, beschliesse ich, aus dem Hotel auszuziehen und mich bei Priscilla einzuquartieren. Ich habe genug vom ewigen Disco-Besuch und den Abendessen ohne ihn. Die Hotelleitung warnt mich zwar, dass ich nachher wohl weder Geld noch Kleider besitzen werde. Auch mein Bruder ist mehr als skeptisch, doch hilft er mir, al es in den Busch zu schleppen. Lketinga tr"agt die grosse Reisetasche und scheint sich zu freuen.
Priscilla r"aumt ihre H"utte und zieht zu einer Freundin. Als es draussen finster wird und wir dem Moment des k"orperlichen Zusammentreffens nicht mehr aus dem Weg gehen k"onnen, setze ich mich auf die schmale Pritsche und warte mit klopfendem Herzen auf den lang ersehnten Augenblick. Lketinga setzt sich neben mich, und ich erkenne nur das Weiss in seinen Augen, den Perlmuttknopf auf der Stirn und die weissen Elfenbeinringe in den Ohren. Pl"otzlich geht al es sehr schnell. Lketinga dr"uckt mich auf die Liege, und schon sp"ure ich seine erregte M"annlichkeit. Noch bevor ich mir im klaren bin, ob mein K"orper "uberhaupt bereit ist, sp"ure ich einen Schmerz, h"ore komische Laute, und alles ist vorbei. Ich konnte heulen vor Entt"auschung, ich hatte es mir v"ollig anders vorgestellt. Erst jetzt wird mir richtig bewusst, dass ich es mit einem Menschen aus einer mir fremden Kultur zu tun habe.
Weiter komme ich mit meinen "Uberlegungen nicht, denn schon wiederholt sich das Ganze. In dieser Nacht folgen noch weitere Anl"aufe, und nach dem dritten oder vierten „Beischlaf“ gebe ich es auf, ihn mit K"ussen oder anderen Ber"uhrungen etwas zu verl"angern, denn das scheint Lketinga nicht zu m"ogen.
Endlich wird es hell, und ich warte darauf, dass Priscil a an die T"ur klopft.
Tats"achlich vernehme ich gegen sieben Uhr morgens Stimmen. Ich schaue hinaus und finde vor der T"ur ein Becken vol Wasser. Ich hole es herein und wasche mich gr"undlich, weil ich "uberall am K"orper rote Farbe von Lketingas Bemalung habe.
Er schl"aft immer noch, als ich mich bei Priscilla melde. Sie hat bereits Tee gekocht und bietet ihn an. Als sie mich fragt, wie ich meine erste Nacht in einer afrikanischen Behausung verbracht habe, sprudelt es aus mir heraus. Sichtlich verlegen h"ort sie zu und sagt: „Corinne, wir sind nicht wie die Weissen. Geh zur"uck zu Marco, mach Ferien in Kenia, aber suche keinen Mann f"urs Leben.“ "Uber die Weissen habe sie erfahren, dass sie gut zu den Frauen seien, auch in der Nacht. Massai-M"anner seien da anders, so wie ich es gerade erlebt h"atte, sei es normal. Massai k"ussen nicht. Der Mund sei zum Essen da, k"ussen, und dabei macht sie ein ver"achtliches Gesicht, sei schrecklich. Ein Mann fasse eine Frau unterhalb des Bauches niemals an, und eine Frau d"urfe das Geschlechtsteil eines Mannes nicht ber"uhren. Die Haare und das Gesicht eines Mannes seien ebenfal s tabu. Ich weiss nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich begehre einen wundersch"onen Mann und darf ihn nicht anfassen.
Erst jetzt f"allt mir die Szene mit dem missgl"uckten Kuss wieder ein und zwingt mich, das Geh"orte zu glauben.
W"ahrend des Gespr"aches hat Priscilla mich nicht angesehen, es muss ihr schwer gefallen sein, "uber dieses Thema zu sprechen. Mir geht vieles durch den Kopf, und ich bezweifle, ob ich al es richtig verstanden habe. Pl"otzlich steht Lketinga in der Morgensonne. Mit nacktem Oberk"orper, seinem roten H"ufttuch und den langen roten Haaren sieht er traumhaft aus. Die Erlebnisse der letzten Nacht r"ucken in den hintersten Teil meines Gehirns, und ich weiss nur, dass ich diesen Mann will und keinen anderen. Ich liebe ihn, und ausserdem ist alles erlernbar, beruhige ich mich.
Sp"ater fahren wir mit einem "uberf"ullten Matatu nach Ukunda, das n"achste gr"ossere Dorf. Dort treffen wir auf weitere Massai, die in einem einheimischen Teehaus sitzen.
Es besteht aus ein paar Brettern, die notd"urftig zusammengenagelt sind, einem Dach, einem langen Tisch, sowie ein paar St"uhlen. Der Tee wird in einem grossen K"ubel "uber dem Feuer gekocht. Als wir uns setzen, werde ich teils neugierig, teils kritisch gemustert. Und wieder wird wild durcheinandergeredet. Es geht eindeutig um mich. Ich mustere al e und stel e fest, dass keiner so gut und so friedlich aussieht wie Lketinga.
Stundenlang sitzen wir da, und mir ist egal, dass ich nichts verstehe. Lketinga ist r"uhrend besorgt um mich. Er bestellt st"andig etwas zu trinken und sp"ater auch einen Tel er Fleisch. Es sind zerkleinerte Teile einer Ziege, die ich kaum herunterkriege, weil sie noch blutig und sehr z"ah sind. Nach drei St"ucken w"urgt es mich, und ich gebe Lketinga zu verstehen, er sol e es essen. Doch weder er noch die anderen M"anner nehmen etwas von meinem Teller, obwohl deutlich zu sehen ist, dass sie hungrig sind.
Nach einer halben Stunde stehen sie auf, und Lketinga versucht, mir mit H"anden und F"ussen etwas zu erkl"aren. Ich verstehe allerdings nur, dass al e essen gehen wollen, ich jedoch nicht mitgehen kann. Ich wil aber unbedingt mitgehen. „No, big problem! You wait here“,
h"ore ich. Dann sehe ich, wie sie hinter einer Wand verschwinden und kurz darauf auch Berge von Fleisch. Nach einiger Zeit kommt mein Massai zur"uck. Er scheint den Bauch voll zu haben. Ich begreife immer noch nicht, warum ich hierbleiben musste, und er meint nur: „You wife, no lucky meat.“
Ich werde am Abend Priscilla danach fragen. Wir verlassen das Teehaus und fahren mit dem Matatu zum Strand zur"uck. Beim Africa-Sea-Lodge steigen wir aus und beschliessen, Jel y und Eric zu besuchen. Am Eingang werden wir angehalten, doch als ich dem W"arter klarmache, dass wir nur meinen Bruder und seine Freundin besuchen, l"asst er uns kommentarlos ein. An der Rezeption werde ich vom Manager lachend begr"usst: „So, you will now come back in the hotel?“
Ich verneine und erw"ahne, dass es mir sehr gut gef"al t im Busch. Er zuckt nur mit den Schultern und meint: „Mal sehen, wie lange noch!“
Wir finden die beiden am Pool. Aufgeregt kommt Eric zu mir: „Wird aber auch Zeit, dass du dich wieder einmal zeigst!“ Ob ich gut geschlafen habe. "Uber diese Besorgnis muss ich lachen und erwidere: „Sicher habe ich schon komfortabler gen"achtigt, aber ich bin gl"ucklich!“ Lketinga steht da, lacht und fragt: „Eric, what's the problem?“
Einige badende Weisse starren uns an. Ein paar Frauen laufen auff"al ig langsam an meinem geschm"uckten und mit neuer Bemalung gef"arbten, sch"onen Massai vorbei und bestaunen ihn unverhohlen. Er seinerseits verschenkt keinen Blick, da es ihn eher geniert, soviel Haut ansehen zu m"ussen.