Die weisse Massai
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Ich muss lachen "uber seine "uberzeugten Worte. Gleichzeitig wird mir bewusst, dass meine Regel seit l"angerem ausgeblieben ist. Doch schreibe ich das eher meinem angeschlagenen Zustand als einer Schwangerschaft zu. Mit dem Gedanken an ein Baby schlafe ich gl"ucklich ein.
In der Nacht erwache ich und f"uhle ein Ziehen im Magen. Im n"achsten Augenblick sp"ure ich, dass ich Durchfall bekomme. Panik erfasst mich. Vorsichtig stupse ich Lketinga an, doch er schl"aft tief. Mein Gott, die Zaun"offnung finde ich nie! Ausserdem sind vielleicht die L"owen in der N"ahe. Lautlos krieche ich aus der Manyatta und sp"ahe kurz um mich, ob jemand in der N"ahe ist. Dann kauere ich mich hinter den Landrover, und schon geht es los. Es wil kein Ende nehmen. Ich sch"ame mich sehr, da ich weiss, dass es ein grobes Vergehen ist, wenn man diese Art von Notdurft innerhalb des Krals erledigt. Papier darf ich auf keinen Fall benutzen, und so reinige ich mich mit meiner Unterw"asche, die ich unter dem Landrover im Fahrgestell verstecke. Meine angerichtete Misere sch"utte ich mit Sand zu und hoffe, dass am Morgen von diesem Alptraum nichts mehr zu sehen ist. "Angstlich krieche ich zur"uck in die Manyatta. Niemand wacht auf, lediglich Lketinga grunzt kurz.
Wenn nur kein weiterer Schub kommt! Bis zum Morgen geht es gut, dann muss ich schnel im Busch verschwinden. Mein Durchfall h"alt an, und meine Beine zittern von neuem. Zur"uck im Kral schaue ich unauff"allig neben den Landrover und stel e erleichtert fest, dass von meinem n"achtlichen Missgeschick nichts mehr sichtbar ist.
Ein streunender Hund hat wahrscheinlich den Rest erledigt. Ich erz"ahle Lketinga, dass ich Probleme habe und gedenke, bei der Mission nach Medizin zu fragen. Doch trotz der Kohletabletten h"alt der Durchfal den ganzen Tag an. Mama bringt mir selbstgemachtes Bier, von dem ich einen Liter trinken soll. Es sieht scheusslich aus und schmeckt auch so. Nach zwei Tassen zeigt sich zumindest die alkoholische Wirkung, den halben Tag d"ose ich vor mich hin.
Irgendwann kommen die Burschen vorbei. Lketinga ist im Dorf, und ich kann die Unterhaltung unbeschwert geniessen. Wir sprechen "uber Gott und die Welt, "uber die Schweiz, meine Familie und "uber die hoffentlich baldige Heirat. James bewundert mich und ist stolz, dass der in seinen Augen nicht einfache Bruder eine weisse, gute Frau bekommt. Sie berichten viel aus der strengen Schule und wie anders das Leben wird, wenn man eine Schule besuchen kann. Viele Dinge zu Hause verstehen sie nun nicht mehr. Sie erz"ahlen Beispiele, "uber die wir gemeinsam lachen.
W"ahrend der Unterhaltung fragt James, warum ich kein Gesch"aft mit meinem Auto betreibe. Ich k"onnte doch f"ur die Somalis Mais oder Zuckers"acke bringen, Leute transportieren etc. Wegen der Strassen bin ich von dieser Idee nicht begeistert, erw"ahne aber, nach der Hochzeit irgend etwas zu machen, was Geld bringt. Am liebsten h"atte ich einen Laden, in dem man alles Essbare kaufen k"onnte. Dies ist jedoch zun"achst ein Wunsch. Im Moment bin ich zu schwach, und erst muss die Heirat genehmigt werden, bevor ich arbeiten darf. Die Burschen sind von der Idee eines Shops fasziniert. James beteuert, dass er mir in knapp einem Jahr, wenn er seine Schule beendet hat, helfen will. Der Gedanke ist verlockend, doch ein Jahr ist eine lange Zeit.
Lketinga kommt zur"uck, und kurz darauf verziehen sich die Burschen respektvol.
Er will wissen, wor"uber wir uns unterhalten haben. Ich erz"ahle ihm von der vagen Idee mit einem Laden. Zu meiner "Uberraschung l"asst auch er sich mitreissen von dieser Vorstel ung. Es w"are der einzige Massai-Laden weit und breit, und die Somalis h"atten keine Kunden mehr, denn alle Leute k"amen nur zu gerne zu einem Stammesbruder. Dann schaut er mich an und sagt, dies werde viel Geld kosten, ob ich denn soviel habe. Ich beruhige ihn, in der Schweiz sei noch etwas. Aber alles muss gut "uberlegt werden.
Pole, pole
In letzter Zeit habe ich mich h"aufig mit verletzten Personen besch"aftigt. Seit ich das Kleinkind einer Nachbarin mit einem eiternden Geschw"ur am Bein mittels Zugsalbe geheilt habe, bringen t"aglich M"utter ihre Kinder mit zum Teil grauenhaften Abszessen zu mir. Ich reinige, salbe und verbinde, so gut es geht, und bestelle die Leute alle zwei Tage von neuem. Doch der Zulauf wird so gross, dass ich bald keine Salbe mehr besitze und nicht mehr helfen kann. Ich schicke sie zum Hospital oder in die Mission, aber die Frauen gehen wortlos, ohne meinen Rat zu befolgen.
In zwei Tagen werden die Sch"uler in die Schule zur"uckkehren. Mir tut es leid, denn sie waren sehr unterhaltsam. Die Idee vom Shop hat sich inzwischen festgesetzt, und eines Tages fasse ich den Entschluss, doch in die Schweiz zu fahren, um Energie zu tanken und mir einige Kilo zuzulegen. Die Gelegenheit, von Roberto oder Giuliano nach Maralal mitgenommen zu werden, ist verlockend. Unseren Landrover k"onnte ich hier lassen und m"usste in meinem geschw"achten Zustand die Strecke nicht selber bew"altigen. Kurzerhand teile ich Lketinga meine Entscheidung mit. Er ist v"ollig irritiert von meinem Vorhaben, ihn in zwei Tagen zu verlassen. Ich verspreche ihm, "uber den Shop nachzudenken und Geld mitzubringen. Er sol sich erkundigen, wo und wie wir ein Geb"aude erstellen k"onnen. W"ahrend ich mit ihm alles bespreche, wird f"ur mich die Vorstellung von einem gemeinsamen Shop konkreter. Jetzt brauche ich nur Zeit, um al es vorzubereiten und Kraft zu sammeln.
Nat"urlich hat Lketinga wieder Angst, dass ich ihn verlassen will, doch diesmal stehen mir die Burschen zur Seite und k"onnen ihm mein Versprechen, in drei bis vier Wochen gesund zur"uck zu sein, Wort f"ur Wort "ubersetzen. Den genauen Tag w"urde ich ihm bekannt geben, sobald ich ein Ticket gel"ost habe. Ich f"uhre auf gut Gl"uck nach Nairobi und hoffte auf einen m"oglichst schnellen Abflug in die Schweiz.
Schweren Herzens willigt er ein. Ich lasse ihm etwas Geld zur"uck, etwa 300 Franken.
Mit wenig Gep"ack warte ich mit mehreren Sch"ulern vor der Mission. Wann es losgeht, wissen wir nicht, doch wer dann nicht da ist, muss zu Fuss gehen. Mama und mein Darling sind ebenfalls anwesend. W"ahrend Mama James die letzten Anweisungen gibt, tr"oste ich Lketinga. Einen Monat ohne mich findet er sehr, sehr lang. Dann kommt Giuliano. Ich kann neben ihm sitzen, w"ahrend sich die Burschen in den hinteren Teil quetschen. Lketinga winkt und gibt mir „Take care of our baby!“
mit auf den Weg. Wie "uberzeugt er von meiner angeblichen Schwangerschaft ist, l"asst mich l"acheln.
Pater Giuliano rast f"ormlich "uber die Strasse. Mit M"uhe halte ich mich fest. Wir sprechen nicht viel. Lediglich als ich ihm erkl"are, dass ich in einem Monat zur"uck sein wil, meint er, dass ich mindestens drei Monate ben"otigen w"urde, um mich zu erholen.
Aber das ist f"ur mich nicht vorstellbar.
In Maralal herrscht Chaos. Das St"adtchen ist mit abreisenden Sch"ulern "uberf"ullt.
Sie werden "uber ganz Kenia verteilt, damit sich die verschiedenen St"amme vermischen. James hat Gl"uck, weil er in Maralal bleiben kann. Ein Bursche aus unserem Dorf muss nach Nakuru, so dass wir einen Teil der Strecke gemeinsam fahren k"onnen. Aber erst m"ussen wir an ein Busticket kommen. Das scheint f"ur die n"achsten zwei Tage aussichtslos. Alle Pl"atze sind vergeben. Einige Ausw"artige sind mit offenen Pick-ups nach Maralal gekommen, um mit "uberteuerten Fahrten gutes Geld zu machen. Sogar bei diesen finden wir keinen Platz. Vielleicht am n"achsten Morgen um f"unf Uhr, stel t jemand in Aussicht. Wir reservieren, aber Geld geben wir noch keines.