Lebens-Ansichten des Katers Murr / Житейские воззрения кота Мурра
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Der Professor warf mir, voller Zorn, mein Manuskript an den Kopf, ich tat aber, (die mir angeborne Schlauheit gab es mir ein,) als wollte er mit mir spielen, und zerrte springend und tanzelnd die Papiere hin und her, so dass die Stucke umherflogen.
«Nun«, sprach der Meister,»ist es ausgemacht, dass Ihr ganz unrecht habt, Professor, und dass Euch Ponto etwas vorlog. Seht nur hin, wie Murr die Gedichte bearbeitet, welcher Dichter wurde sein Manuskript handhaben auf diese Weise?«
«Ich habe Euch gewarnt, Meister, tut nun was Ihr wollt«, erwiderte der Professor, und verliess das Zimmer.
Nun glaubte ich, der Sturm sei voruber; wie sehr war ich im Irrtum! – Meister Abraham hatte sich, mir zum grossen Verdruss, gegen meine wissenschaftliche Bildung erklart, und demunerachtet er es so getan, als glaube er den Worten des Professors gar nicht, so wurde ich doch bald gewahr, dass er mir auf allen Gangen nachspurte, mir den Gebrauch seiner Bibliothek dadurch abschnitt, dass er den Schrank sorgfaltig verschloss, und es durchaus nicht mehr leiden wollte, dass ich mich, wie sonst, auf seinen Schreibtisch unter die Papiere legte.
So kam Leid und Kummernis uber meine keimende Jugend! Was kann einem Genie mehr Schmerz verursachen, als sich verkannt, ja verspottet zu sehen, was kann einen grossen Geist mehr erbittern, als da auf Hindernisse zu stossen, wo er nur allen moglichen Vorschub erwartete! – Doch, je starker der Druck, desto gewaltiger die Kraft der Entlastung, je straffer der Bogen gespannt, desto scharfer der Schuss! – War mir die Lekture versperrt, so arbeitete desto freier mein eigner Geist, und schuf aus sich selbst.
Unmutig wie ich war, brachte ich in dieser Periode manche Nachte, manche Tage, in den Kellern des Hauses zu, wo mehrere Mausefallen aufgestellt waren, und sich uberdem viele Kater verschiedenen Alters und Standes versammelten.
Einem tapfern philosophischen Kopf entgehen uberall nicht die geheimsten Beziehungen des Lebens im Leben, und er erkennt, wie sich eben aus denselben das Leben gestaltet in Gesinnung und Tat. So gingen mir auch in den Kellern die Verhaltnisse der Mausefallen und der Katzen in ihrer Wechselwirkung auf. Es wurde mir, als einem Kater von edlem echten Sinn, warm um's Herz, wenn ich gewahren musste, wie jene tote Maschinen, in ihrem punktlichen Treiben, eine grosse Schlaffheit in den Katerjunglingen hervorbrachten. Ich ergriff die Feder und schrieb das unsterbliche Werk, dessen ich schon vorhin gedachte, namlich:»Uber Mausefallen, und deren Einfluss auf Gesinnung und Tatkraft der Katzheit.
Damit konnte ich nun meine erste Lebensperiode schliessen, und zu meinen eigentlichen Junglingsmonaten, die an das mannliche Alter streifen, ubergehen; unmoglich kann ich aber den gunstigen Lesern die beiden letzten Strophen der herrlichen Glosse vorenthalten, die mein Meister nicht horen wollte. Hier sind sie:
Wohl, ich weiss es, widerstehenMag man nicht dem sussen Kosen,Wenn aus Buschen duft'ger RosenSusse Liebeslaute wehen.Will das trunkne Aug' dann sehen,Wie die Holde kommt gesprungen,Die da lauscht' an Blumenwegen,Kaum ist Sehnsuchts Ruf erklungen,Hat sich schnell hinangeschwungen.Liebe kommt uns rasch entgegen.Dieses Sehnen, dieses SchmachtenKann wohl oft den Sinn berucken;Doch wie lange kann's beglucken,Dieses Springen, Rennen, Trachten!Holder Freundschaft Trieb' erwachten,Strahlten auf bei Hesper's Scheine,Und den Edlen brav und rein,Ihn zu finden den ich meine,Klettr' ich uber Mau'r und Zaune,Aufgesucht will Freundschaft sein.(Mak.-Bl.) – gerade den Abend in solch› heitrer, gemutlicher Stimmung, wie man sie an ihm nicht verspurt hatte seit gar geraumer Zeit. Und diese Stimmung war es, die das Unerhorte geschehen liess. Denn ohne wild aufzufahren, und davon zu rennen, wie er sonst in gleichem Fall wohl zu tun pflegte, horte er ruhig und sogar mit gutmutigem Lacheln den langen und noch langweiligern ersten Akt eines entsetzlichen Trauerspiels an, den ein junger hoffnungsvoller Lieutenant mit roten Wangen und wohlgekrauseltem Haupthaar verfasst hatte und mit aller Pratension des glucklichsten Dichters vortrug. Ja als besagter Lieutenant, da er geendet, ihn heftig fragte, was er von der Dichtung halte, begnugte er sich, mit dem mildesten Ausdruck des inneren Ergotzens im ganzen Gesicht, dem jungen Kriegs- und Vershelden zu versichern, dass der Aushangeakt, das gierigen asthetischen Leckermaulern dargebotene Koststuck, in der Tat herrliche Gedanken enthalte, fur deren originelle Genialitat schon der Umstand sprache, dass auch anerkannt grosse Dichter wie z. B. Calderon, Shakespeare und der moderne Schiller darauf gefallen. Der Lieutenant umarmte ihn sehr, und verriet mit geheimnisvoller Miene, dass er gedenke, noch denselben Abend eine ganze Gesellschaft der auserlesensten Frauleins, unter denen sogar eine Grafin befindlich, die spanisch lese, und in Ol male, mit dem vortrefflichsten aller ersten Akte zu beglucken. Auf die Versicherung, dass er daran ungemein wohl tun werde, lief er voller Enthusiasmus von dannen.
«Ich begreife Dich«, sprach jetzt der kleine Geheimrat,»heute gar nicht, lieber Johannes, mit Deiner unbeschreiblichen Sanftmut! – Wie war es Dir moglich, das durchaus abgeschmackte Zeug so ruhig, so aufmerksam anzuhoren! – Angst und bange wurde mir, als der Lieutenant uns, die wir unbewacht keine Gefahr ahnten, uberfiel, und uns rettungslos eingarnte in die tausendfaltigen Schlingen seiner endlosen Verse! – Ich dachte, jeden Augenblick wurdest Du dazwischen fahren, wie Du es sonst wohl tust bei geringerem Anlass; aber Du bleibst ruhig, ja, Dein Blick spricht Wohlgefallen aus, und am Ende, nachdem ich fur meine Person ganz schwach und elend worden, fertigst Du den Ungluckseligen ab mit einer Ironie, die er nicht einmal zu fassen im Stande, und sagst ihm wenigstens nicht zur Warnung fur kunftige Falle, dass das Ding viel zu lang sei, und merklich amputiert werden musse.«
«Ach«, erwiderte Kreisler,»was hatte ich denn ausgerichtet mit diesem klaglichen Rat! – Kann denn ein pragnanter Dichter wie unser lieber Lieutenant, wohl mit Nutzen irgendeine Amputation an seinen Versen vornehmen, wachsen sie ihm nicht nach, unter der Hand? – Und weisst Du denn nicht, dass uberhaupt die Verse unserer jungen Dichter die Reproduktionskraft der Eidechsen besitzen, denen die Schwanze munter wiederum hervor schiessen, hat man sie auch an der Wurzel weggeschnitten! – Wenn Du aber meinst, dass ich des Lieutenants Leserei ruhig angehort, so bist Du in grossem Irrtum! – Der Sturm war voruber, alle Graser und Blumen im kleinen Garten erhoben ihre gebeugten Haupter, und schlurften begierig den Himmelsnektar ein, der aus den Wolkenschleiern in einzelnen Tropfen hinabfiel. Ich stellte mich unter den grossen bluhenden Apfelbaum, und horchte auf die verhallende Stimme des Donners in den fernen Bergen, die wie eine Weissagung von unaussprechlichen Dingen in meiner Seele wider klang, und schaute auf zu dem Blau des Himmels, das wie mit leuchtenden Augen dort und dort durch die fliehenden Wolken blickte! – Aber dazwischen rief der Onkel: ich solle fein ins Zimmer und mir den neuen geblumten Schlafrock nicht verderben durch ungeziemliche Nasse, und mir nicht den Schnupfen holen im feuchten Grase. Und dann war es wieder nicht der Onkel, welcher sprach, sondern irgendein Filou von Papagei oder Starmatz hinterm Busch oder im Busch, oder Gott weiss wo sonst, machte sich den unnutzen Spass, mich damit zu necken, dass er mir allerlei kostliche Gedanken aus dem Shakespeare zurief nach seiner Manier. Und das war nun wieder der Lieutenant und sein Trauerspiel! – Geheimer Rat, gib Dir die Muhe zu merken, dass es eine Erinnerung an meine Knabenzeit war, die mich Dir und dem Lieutenant entfuhrte! Ich stand wirklich, ein Junge von hochstens zwolf Jahren, in des Onkels kleinem Garten, und hatte den schonsten Zitz als Schlafrock an, den jemals eine Kattundruckerseele ersonnen, und vergebens hast Du, o Geheimerat! heute Dein Konigsraucherpulver verschwendet, denn ich habe nichts verspurt, als das Aroma meines bluhenden Apfelbaums, nicht einmal das Haarol des Versifikanten, der sein Haupt salbt, ohne es jemals schutzen zu konnen gegen Wind und Wetter durch eine Krone, vielmehr nichts aufstulpen darf, als Filz und Leder, durch das Reglement ausgepragt zu einem Tschako! – Genug Bester! Du warst von uns dreien das einzige Opferlamm, das sich dem infernalischen Trauerspielmesser des dichterischen Helden darbot. Denn, wahrend ich mich, alle Extremitaten sorglich einziehend, in das kleine Schlafrockchen eingeputzt hatte, und mit zwolfjahriger, zwolfflotiger Leichtigkeit hinein gesprungen war in mehrbesagten Garten, verbrauchte Meister Abraham, wie Du siehst, drei bis vier Bogen des schonsten Notenpapiers, um allerlei ergotzliche Phantasmata zuzuschneiden. Auch er ist also dem Lieutenant entwischt!«—
Kreisler hatte recht; Meister Abraham verstand sich darauf, Kartonblatter so zuzuschneiden, dass, fand man auch aus dem Gewirre durchschnittner Flecke nicht das mindeste deutlich heraus, doch, hielt man ein Licht hinter das Blatt, in dem auf die Wand geworfenen Schatten, sich die seltsamsten Gestalten in allerlei Gruppen bildeten. Hatte nun Meister Abraham schon an und fur sich selbst einen naturlichen Abscheu gegen alles Vorlesen, war ihm noch besonders des Lieutenants Verselei im Grunde des Herzens zuwider, so konnt' es nicht fehlen, dass er, kaum hatte der Lieutenant begonnen, begierig nach dem steifen Notenpapier griff, das zufallig auf dem Tische des Geheimerats lag, eine kleine Schere aus der Tasche langte, und eine Beschaftigung begann, die ihn dem Attentat des Lieutenants ganzlich entzog.
«Hore Kreisler«, begann nun der Geheimerat, –
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