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Lebens-Ansichten des Katers Murr / Житейские воззрения кота Мурра
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Prinzessin Hedwiga wusste sich den ganzen Abend uber so geschickt zu drehen und zu wenden, dass Kreisler, dem es, harmlos und gefugig, wie er war, wirklich galt, die Prinzessin zu versohnen, alles Muhens unerachtet, sich nicht ihr nahern konnte. Den geschicktesten Manovres wusste sie zu begegnen mit schlauer Taktik. – Desto mehr musste der Benzon, die das alles bemerkt, es auffallen, als die Prinzessin jetzt plotzlich den Kreis der Damen durchbrach, und geradezu losschritt auf den Kapellmeister. So tief in sich versunken stand Kreisler da, dass erst die Anrede der Prinzessin, ob er allein denn keine Zeichen, keine Worte habe, fur den Beifall, den Julia errungen, ihn aus dem Traume weckte.

«Gnadigste, «erwiderte Kreisler mit einem Ton, der die innere Bewegung verriet,»nach der bewahrten Meinung beruhmter Schriftsteller haben die Seligen statt des Worts nur Gedanken und Blick. – Ich war, glaub' ich, im Himmel!«

«So ist«, erwiderte die Prinzessin lachelnd, unsere Julia ein Engel des Lichts, da sie vermochte, Ihnen das Paradies zu erschliessen. – Jetzt bitte ich sie aber, auf einige Augenblicke den Himmel zu verlassen, und einem armen Erdenkinde, wie ich es nun einmal bin, Gehor zu geben.«—

Die Prinzessin hielt inne, als erwarte sie, dass Kreisler etwas sage. Da dieser sie aber schweigend anschaute, mit leuchtendem Blick, schlug sie die Augen nieder, und wandte sich rasch um, so dass der leicht umgeworfene Shawl von den Schultern hinabwallte. Kreisler fasste ihn im Fallen. Die Prinzessin blieb stehen.»Lassen Sie uns«, sprach sie dann mit unsicherm, schwankendem Ton, als ringe sie mit irgendeinem Entschluss, als wurd' es ihr schwer, es herauszusagen, was sie im Innern beschlossen —»lassen Sie uns von poetischen Dingen ganz prosaisch reden. Ich weiss, Sie geben Julien Unterricht im Gesange, und ich muss gestehen, dass sie seit der Zeit in Stimme und Vortrag unendlich gewann. Das gibt mir die Hoffnung, dass Sie imstande waren, selbst ein mittelmassiges Talent, wie das meinige, zu heben. – Ich meine dass –

«

Die Prinzessin stockte hocherrotend, die Benzon trat hinzu, und versicherte, dass die Prinzessin sich selbst grosses Unrecht tue, wenn sie ihr musikalisches Talent mittelmassig nenne, da sie das Pianoforte vorzuglich spiele, und recht ausdrucksvoll singe. Kreisler, dem die Prinzessin, in ihrer Verlegenheit, auf einmal uber alle Massen liebenswurdig erschien, ergoss sich in einen Strom freundlicher Redensarten, und schloss damit, dass ihm nichts Glucklicheres begegnen konne, als wenn die Prinzessin es vergonne, ihr beizustehen im Studium der Musik mit Rat und Tat.

Die Prinzessin horte den Kapellmeister an mit sichtlichem Wohlgefallen, und als er geendet, und der Benzon Blick ihr die seltsame Scheu vor dem artigen Mann vorwarf, da sprach sie halbleise:»Ja, ja, Benzon, Sie haben recht, ich bin wohl oft ein kindisches Kind!«– In demselben Augenblick fasste sie, ohne hinzublicken, nach dem Shawl, den Kreisler noch immer in den Handen hielt, und den er ihr nun hinreichte. Selbst wusste er nicht, wie es sich begab, dass er dabei der Prinzessin Hand beruhrte. Aber ein heftiger Pulsschlag drohnte ihm durch alle Nerven, und es war, als wollten ihm die Sinne vergehen. —

Wie ein Lichtstrahl, der durch finstere Wolken bricht, vernahm Kreisler Juliens Stimme.»Ich soll«, sprach sie,»noch mehr singen, lieber Kreisler! man lasst mir keine Ruhe. – Wohl mochte ich das schone Duett versuchen, das Sie mir letzthin gebracht.«—»Sie durfen das, nahm die Benzon das Wort, meiner Julie nicht abschlagen, lieber Kapellmeister – fort an den Flugel!«—

Kreisler keines Wortes machtig sass am Flugel, schlug die ersten Akkorde des Duetts an, wie von einem seltsamen Rausch betort und befangen. Julia begann:»Ah che mi manca l'anima in si fatal momento.«– Es ist notig zu sagen, dass die Worte dieses Duetts nach gewohnlicher italischer Weise ganz einfach die Trennung eines liebenden Paars aussprachen, dass auf momento naturlicherweise sento und tormento gereimt war, und dass es wie in hundert andern Duetten ahnlicher Art, auch nicht an dem Abbi pietade o cielo und an der pena di morir fehlte. Kreisler hatte indessen diese Worte in der hochsten Aufregung des Gemuts, mit einer Inbrunst komponiert, die beim Vortrage jeden, dem der Himmel nur passable Ohren gegeben, unwiderstehlich hinreissen musste. Das Duett war den leidenschaftlichsten dieser Art an die Seite zu stellen, und da Kreisler nur nach dem hochsten Ausdruck des Moments, und nicht darnach strebte, was eben ganz ruhig und bequem von der Sangerin aufzufassen, in der Intonation ziemlich schwer geraten. So kam es, dass Julia schuchtern, mit beinahe ungewisser Stimme, begann, und dass Kreisler eben nicht viel besser eintrat. Bald erhoben sich aber beide Stimmen auf den Wellen des Gesanges wie schimmernde Schwane, und wollten bald mit rauschendem Flugelschlag emporsteigen zu dem goldnen, strahlenden Gewolk, bald in susser Liebesumarmung sterbend untergehen in dem brausenden Strom der Akkorde, bis tief aufatmende Seufzer den nahen Tod verkundeten und das letzte Addio in dem Schrei des wilden Schmerzes, wie ein blutiger Springquell heraussturzte aus der zerrissenen Brust.

Niemand befand sich in dem Kreise, den das Duett nicht tief ergriffen, vielen standen die hellen Tranen in den Augen, selbst die Benzon gestand, dass sie selbst im Theater bei irgendeiner gut dargestellten Abschiedsszene Ahnliches noch nicht empfunden. Man uberhaufte Julien und den Kapellmeister mit Lobspruchen, man sprach von der wahren Begeisterung, die beide beseelt, und stellte die Komposition vielleicht noch hoher, als sie es verdiente.

Der Prinzessin Hedwiga hatte man wahrend des Gesanges die innere Bewegung wohl angemerkt, unerachtet sie bemuht war, ruhig zu scheinen, ja durchaus jede Teilnahme zu verbergen. Neben ihr sass ein junges Ding von Hofdame mit roten Wangen, zum Weinen und Lachen gleich aufgelegt, der raunte sie allerlei in die Ohren, ohne dass es ihr gelang, irgend andere Antwort zu erhalten, als einzelne Worter, in der Angst der hofischen Konvenienz ausgestossen. Auch der Benzon, die an der andern Seite sass, flusterte sie gleichgultige Dinge zu, als hore sie gar nicht auf das Duett, die, nach ihrer strengen Manier, bat aber die Gnadigste, die Unterhaltung aufzusparen bis nach geendetem Duett. Jetzt aber sprach die Prinzessin, im ganzen Gesicht gluhend, mit blitzenden Augen, so laut, dass sie die Lobspruche der ganzen Gesellschaft ubertonte.»Es wird mir nun wohl erlaubt sein, auch meine Meinung zu sagen. Ich gebe zu, dass das Duett als Komposition seinen Wert haben mag, dass meine Julie vortrefflich gesungen hat, aber ist es recht, ist es billig, dass man im gemutlichen Zirkel, wo freundliche Unterhaltung oben anstehen soll, wo wechselseitige Anregungen Rede, Gesang, forttreiben sollen, wie einen zwischen Blumenbeeten sanft murmelnden Bach, dass man da extravagante Sachen auftischt, die das Innere zerschneiden, deren gewaltsamen zerstorenden Eindruck man nicht verwinden kann? Ich habe mich bemuht, mein Ohr, meine Brust zu verschliessen dem wilden Schmerz des Orkus, den Kreisler mit unser leicht verletzliches Inneres verhohnender Kunst in Tonen aufgefasst hat, aber niemand war so gutig, sich meiner anzunehmen. Gern will ich meine Schwache Ihrer Ironie preisgeben, Kapellmeister, gern will ich gestehen, dass der uble Eindruck Ihres Duetts mich ganz krank gemacht hat. – Gibt es denn keinen Cimarosa, keinen Paesiello, deren Kompositionen recht fur die Gesellschaft geschrieben sind?«

«O Gott«, rief Kreisler, indem sein Gesicht in dem mannigfaltigsten Muskelspiel vibrierte, wie es allemal zu geschehen pflegte, wenn der Humor aufstieg in dem Innern,»o Gott, gnadigste Prinzessin! – wie ganz bin ich armster Kapellmeister Ihrer gutigen gnadigen Meinung! – Ist es nicht gegen alle Sitte und Kleiderordnung, die Brust mit all' der Wehmut, mit all' dem Schmerz, mit all' dem Entzucken, das darin verschlossen, anders in die Gesellschaft zu tragen, als dick verhullt mit dem Fichu vortrefflicher Artigkeit und Konvenienz? Taugen denn alle Loschanstalten, die der gute Ton uberall bereitet, taugen sie wohl was, sind sie wohl hinlanglich, um das Naphthafeuer zu dampfen, das hie und da hervorlodern will? Spult man noch so viel Tee, noch so viel Zuckerwasser, noch so viel honettes Gesprach, ja noch so viel angenehmes Dudeldumdei hinunter, doch gelingt es diesem, jenem freveligen Mordbrenner, eine Congrevische Rakete ins Innere zu werfen, und die Flamme leuchtet empor, leuchtet und brennt sogar, welches dem puren Mondschein niemals geschieht! – Ja! gnadigste Prinzessin! – ja, ich! – aller Kapellmeister hienieden unseligster, ich habe schandlich gefrevelt mit dem entsetzlichen Duett, das wie ein hollisches Feuerwerk mit allerlei Leuchtkugeln, Schwanzraketen, Schwarmern und Kanonenschlagen durch die ganze Gesellschaft gefahren ist, und leider merk' ichs, fast uberall gezundet hat! – Ha! – Feuer – Feuer – Mordio! – es brennt – Spritzenhaus auf – Wasser – Wasser – Hilfe – rettet!«

Kreisler sturzte zu auf den Notenkasten, zog ihn hervor unter dem Flugel, offnete ihn – warf die Noten umher – riss eine Partitur heraus, es war Paesiellos» Molinara«, setzte sich an das Instrument, begann das Ritornell der bekannten hubschen Ariette:» La Rachelina, Molinarina«, mit der die Mullerin auftritt. —

«Aber lieber Kreisler!«sprach Julia ganz schuchtern und erschrocken.

Doch Kreisler warf sich vor Julien nieder auf beide Knie, und flehte:»Teuerste, holdseligste Julia! erbarmen Sie sich der hochverehrten Gesellschaft, giessen Sie Trost in die hoffnungslosen Gemuter, singen Sie die Rachelina! – Tun Sie es nicht, so bleibt mir nichts ubrig, als mich hier vor Ihren sichtlichen Augen hinabzusturzen in die Verzweiflung, an deren Rand ich mich bereits befinde, und Sie halten den verlornen Maitre de la Chapelle vergebens am Rockschoss, denn indem Sie gutmutig rufen:»Bleibe bei uns o Johannes!«so ist er schon hinabgefahren zum Acheron, und wagt im damonischen Shawltanz die allerzierlichsten Sprunge: darum singen Sie Werte!«

Julia tat, wiewohl, so schien es, mit einigem Widerwillen, warum Kreisler sie gebeten.

Sowie die Ariette geendet, begann Kreisler sofort das bekannte komische Duett des Notars mit der Mullerin. —

Julia's Gesang, in Stimme und Methode, neigte sich ganz zum Ernsten, Pathetischen, demungeachtet stand ihr eine Laune zu Gebote, wenn sie komische Sachen vortrug, die die reizendste Liebenswurdigkeit selbst war. Kreisler hatte sich den seltsamen aber unwiderstehlich hinreissenden Vortrag der italienischen Buffi zu eigen gemacht, das ging heute aber beinahe bis zur Ubertreibung, denn indem Kreisler's Stimme nicht dieselbe schien, da sie dem hochsten dramatischen Ausdruck in tausend Nuancen sich fugte, so schnitt er dabei auch solche absonderliche Gesichter, die einen Cato zum Lachen gebracht hatten.

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